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Berlin: Abschleppkosten: Pro & Contra

ProEin Autofahrer ist ein potenzieller "Störer". Dies behauptet dieses Mal nicht der Fahrradclub, sondern das Berliner Verwaltungsgericht, und es tut dies unter Berufung auf das höchste deutsche Verwaltungsgericht.

Pro

Ein Autofahrer ist ein potenzieller "Störer". Dies behauptet dieses Mal nicht der Fahrradclub, sondern das Berliner Verwaltungsgericht, und es tut dies unter Berufung auf das höchste deutsche Verwaltungsgericht. Mehrfach findet sich dieses Wort in der schriftlichen Begründung des Urteils, mit dem das Gericht gerade eine Charlottenburgerin zur Zahlung der 234 Mark "Umsetzkosten" verdonnert hat - und nicht, wie früher üblich, die Umzugsfirma, die dort Möbel schleppen wollte. Der Frau half es nicht, dass sie gerade im Urlaub war und die Halteverbotsschilder erst Tage nach ihrer Abreise neben ihren Wagen gestellt wurden. Das Auto störte, sagte der Richter, es hat "Störereigenschaften" und die Halterin ist folglich eine Störerin.

Recht so. Das freizügige unbeschränkte - und zudem in aller Regel noch kostenlose - Parken von vier bis acht Quadratmeter Blech am Straßenrand ist kein Naturrecht des Berliners. Es wird auch nicht erkauft durch das Zahlen von Kfz-Steuer, wie die Frau vor Gericht geltend machte. Die paar Mark Steuern, ob fürs Auto oder das Benzin, decken bekanntlich nur einen Bruchteil der wahren Schäden und Kosten, die jedes Automobil anrichtet. Wer das Aufbuddeln einer Straße oder einen Umzug stört, weil sein Auto dort Platz verschwendet, kann nicht erwarten, dass es auf Kosten der Allgemeinheit abgeschleppt wird.

Zukünftig muss man sich vor einem Urlaub eben drum kümmern, dass ein Freund oder ein Kollege nach dem Fahrzeug schaut, schließlich lässt man ja auch Hund und Hamster, Balkonblumen und Briefkasten nicht unbeaufsichtigt zu Hause zurück. Jörn Hasselmann

Contra

Natürlich müssen die Menschen umziehen, Filme drehen und andere raumgreifende Manöver erledigen. Was aber nicht geht: gutgläubige Autofahrer in finanzielle Haft zu nehmen für das Privatvergnügen fremder Leute. Da ist man also eine Woche lang unterwegs; das wird in unserer globalen Gesellschaft ja mehr und mehr normal. Man gibt sich Mühe, einen superlegalen Parkplatz zu finden, stellt den Wagen arglos dort ab und macht sich mit allerbestem Gewissen auf den Weg. Und dann kommt man wieder und findet das Auto nicht. Panik. Stress. Zeitverzug. Schließlich erfährt man, dass man das eigene, legal geparkte Auto für ca. 250 Mark wieder auslösen darf. Begründung: An der Stelle, wo es stand, musste unbedingt ein Film gedreht werden. (Das wird sicher ein Spitzenstreifen, der alle Kassenrekorde brechen und seinen Machern eine Menge Geld einbringen wird. Da werden Sie doch nicht knauserig sein wollen und sich wegen lumpiger 250 Mark anstellen.) Oder: Der neue Eigentümer der Wohnung, aus der die alte Frau K. kürzlich rausgeekelt wurde, wollte seinen Umzugswagen bequem parken lassen, damit die Packer nicht zu viel Geld kosten. Deshalb musste leider Ihr Auto abgeschleppt werden. Aber Sie leisten doch sicher gern einen kleinen Beitrag zum Wohl des neuen Mitbewohners. Wie soll man reagieren? Zum Altruisten werden? Oder doch lieber zum Rambo? Das Zweite liegt allerdings sehr viel näher. Schließlich handelt es sich um öffentliches, mit Steuergeldern finanziertes Straßenland. Wer da seinem Privatvergnügen nachgehen will, soll froh sein, wenn er eine Genehmigung bekommt. Aber dann, bitteschön, auch für alle Kosten aufkommen. ELISABETH BINDER

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