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Dieses Jahr ist Wahlkampf angesagt - aber Müller, Henkel, Czaja müssen trotzdem klotzen, wenn es in Berlin vorwärts gehen soll.

© picture alliance / dpa

Krise von Politik und Verwaltung: Berlin muss jetzt neue Wege gehen

Berlin wächst allmählich zu einer echten Metropole, mit all den Erschwernissen, Konflikten und Unübersichtlichkeiten, die das mit sich bringt. Die Politik muss deshalb neue Wege gehen. Ein Kommentar.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin steht nicht auf festem Grund. Der Blick ins neue Jahr gibt bisher wenig Anlass zur Hoffnung, dass die Stadt bald die Krise von Politik und Verwaltung überwinden wird. Natürlich gibt es Wachstumskräfte in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, die eine große Dynamik entfalten. Aber die Rahmenbedingungen stimmen nicht. Es besteht Handlungsbedarf. Berlin ist sozial tief gespalten und immer noch hoch verschuldet. Landesbehörden und öffentliche Infrastruktur sind nur noch eingeschränkt funktionsfähig.

Erschwerend kommt hinzu, dass 2016 in Berlin ein Wahljahr ist, in dem sich die politischen Akteure bis zum Herbst gegenseitig die Verantwortung für alles zuschieben werden, das nicht gut läuft. Ein zerstrittenes Bündnis aus SPD und CDU wird die Misere technokratisch verwalten wollen, mit einer Politik kleiner Schritte und zaghafter Kurskorrekturen, die den großen Problemen nicht angemessen ist. Immer mehr Menschen drängen in die Hauptstadt. Sie brauchen Arbeit und eine bezahlbare Wohnung, Kitas und Schulen. Sie wollen mobil sein und müssen aufs Bürgeramt.

Das sind Wachstumsprobleme und keine Flüchtlingsprobleme

Das sind keine Flüchtlings-, sondern Wachstumsprobleme. Berlin wird allmählich eine echte Metropole, mit all den Erschwernissen, Konflikten und einer großen Unübersichtlichkeit, die das mit sich bringt. Die Politik muss deshalb neue Wege gehen. So müsste die Förderung des Wohnungsbaus massiv aufgestockt werden. Die Programme des Senats und der städtischen Wohnungsunternehmen reichen bei Weitem nicht aus. Auch private Investoren müssten regelmäßig verpflichtet werden, feste Kontingente preiswerter Wohnungen anzubieten. In München und sogar in New York funktioniert das, warum nicht in Berlin?

Wenn sich nichts ändert, wird die Stadt an sich selbst zugrunde gehen

Eine andere Großbaustelle ist die öffentliche Verwaltung. Wenn der Senat es nicht schafft, die überalterten Behörden, in denen tausende Mitarbeiter sehnsüchtig nur auf ihre Pensionierung warten, mit jungen, qualifizierten Kräften auszustatten, wird die Stadt an sich selbst zugrunde gehen. Mehr Personal ist nötig, aber die flächendeckende Ausstattung mit zeitgemäßen IT-Systemen und effektivere Arbeitsstrukturen sind noch wichtiger. Und in den Bezirken ist kaum noch erkennbar, wer die politische Verantwortung trägt, da alle Parteien in die Arbeit der Bezirksämter zwangsweise eingebunden sind. Eine Änderung der Berliner Verfassung könnte Abhilfe schaffen.

Klotzen statt kleckern, das gilt auch für die Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur. Nicht nur bei Schulen und Kitas gibt es einen Investitionsstau in Milliardenhöhe. Es wäre schon ein Schritt in die richtige Richtung, die vorhandenen Mittel endlich zu verbauen. Aber es fehlt noch Geld. Kein anderes Bundesland hat eine so niedrige Investitionsquote wie Berlin. Vielleicht sollte der Senat einige Jahre darauf verzichten, den Schuldenberg abzubauen und die Haushaltsüberschüsse komplett in die Pflege des öffentlichen Eigentums stecken.

Noch eine Idee: Der Flughafen BER ist nach der Eröffnung viel zu klein, bauliche Provisorien sollen Abhilfe schaffen. Warum springt der Senat nicht über seinen Schatten und verhandelt mit Leipzig, um den benachbarten Airport zu einer Filiale für den hauptstädtischen Flugverkehr auszubauen? Es wird Zeit, dass die Berliner Politik, wer auch immer nach der Wahl im September regieren wird, in größeren Karos denkt – und mutig handelt.

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