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Jeht doch. Berliner können wie Daniel Winter durchaus durch Freundlichkeit auffallen. Zumindest, wenn sie Busfahrer in Wien sind.

© Wiener Linien/Arman Rastegar

Berliner Schmäh in Wien: Busfahrer aus Berlin wird zum Star in Österreich

Ausgerechnet ein Ex-Berliner fällt als freundlichster Busfahrer Wiens auf. Jetzt wird er berühmt – dank des Videos seines Arbeitgebers.

Daniel Winter wird gerade berühmt. Das liegt nicht am Wetter, sondern daran, dass Winter aus Berlin stammt und in Wien als freundlichster Busfahrer seit Erfindung des Einspänners gilt. Nachdem der Verkehrsbetrieb „Wiener Linien“ ein dreiminütiges Video mit seinem besten Mann über Facebook und Twitter verbreitet hatte, meldete sich sogar die ARD, um mehr über das Paradox des freundlichen Berliners zu erfahren.

Im Video kurvt der 49-Jährige mit Linie 1A zwischen Stephansdom und Schottentor und sagt: „So, liebe Fahrgäste, bitte haltense sich alle jut fest, in Kürze erreichen wir unsere maximale Höchstgeschwindigkeit von 17 km/h!“ Eine Haltestelle sagt er mit „Spielwarenabteilung für Groß und Klein, ick wünsche viel Spaß beim Shoppen“ an. Worauf ein dezentes, aber authentisches Ha-ha-ha aus dem Fahrgastraum zurückschallt. Vor allem begrüßt und verabschiedet Winter jeden Passagier persönlich, wünscht schönen Tag und guten Weg.

Die Pressestelle der Wiener Linien hat auf Knopfdruck ein Dutzend Lobesmails begeisterter Kunden parat, die so viel Freundlichkeit kaum glauben konnten. „Ich nehme seit 43 Jahren Ihre Dienste in Anspruch, aber erst heute durfte ich als ,Premiere‘ so einen freundlichen Empfang erleben“, schreibt eine Jahreskartenbesitzerin. Den schönsten Kommentar liefert allerdings ein älterer Fahrgast mit Fliege und untertitelbedürftigem Dialekt im Video: „Also, der Herr Winter is a b’sonders netter Mensch. Man glaubt gar nicht, dass der aus Deutschland ist!“ Und: „Solche Leit’ brauch’ mer mehr“, womit er allerdings nicht Deutsche, sondern freundliche Menschen meint. Ein anderer sagt beim Aussteigen zu Winter: „Stellen’s nix an – und lernen’s Wienerisch!“ Der gelobt es mit einem Lachen.

Dass ausgerechnet Berlin Freundlichkeit exportiert, mag absurd scheinen wie Wassermelonen aus der Sahara oder irische Kamele. Aber es handelt sich nicht um einen Fehler im System, sondern um einen Einzelfall: Winter wurde nicht etwa bei der BVG wegen Verletzung des ungeschriebenen Busfahrerkodex weggemobbt, sondern war vorher im Filmgeschäft. Der Liebe wegen verschlug es ihn nach Wien, wo er sich zum Neustart als „Buslenker“ entschloss. In Berlin würde es wenigstens „Busfahrer“ heißen, in Amerika sogar „Operator“. Aber Winter macht nicht den Eindruck, als hätte er seinen Beruf zu klein gewählt. Vor drei Jahren hat er bei den Wiener Linien angeheuert und in drei Monaten die Ausbildung gemacht, die ihn für mindestens elf Buslinien berechtigt. „Ick gloobe, Wien und Berlin, dit passt jut zusammen“, sagt er im Video. „Der Schmäh ist ähnlich.“ Winter ist dermaßen nett, dass diese Behauptung keine diplomatischen Verwicklungen auslösen dürfte.

Sein Arbeitgeber ist überhaupt erst wegen der vielen begeisterten Kunden auf Winter aufmerksam geworden. Dazu gehörte auch das Handyvideo eines Fahrgastes, in dem Winter ebenfalls zum Festhalten bei Tempo 17 auffordert. Das sei absolut sinnvoll, weil im urbanen Getümmel aus Fiakern und Touristen manchmal hart gebremst werden müsse und der tückische Ruck bei geringem Tempo besonders heftig sei, sagt eine Sprecherin. Man gebe jedes Lob an den betreffenden Kollegen weiter, heißt es da, und Winter sei eben besonders oft dabei. Von ihm sei auch der Spruch überliefert: „Ich bringe sie heute noch an Ihr Ziel, aber ich sage keine Uhrzeit.“ Da war gerade Stau.

Auch die BVG leitet nach Auskunft von Sprecher Markus Falkner jedes Lob weiter, sofern der Adressat irgendwie identifizierbar sei: „Wir können versprechen, dass das tatsächlich ankommt, wenn es möglich ist. Und es kommt häufiger vor als man vielleicht denkt.“

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