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Auf der Frankfurter Allee starb 2021 eine Radfahrerin, als sie einem Transporter auswich.

© Corinna von Bodisco/Tagesspiegel

„Ein Stück Verkehrssicherheit mehr für Berlin“: Neuer geschützter Radweg in der Frankfurter Allee eröffnet – Anwohnende fordern Tempo 30

Nach dem tödlichen Unfall 2021 wurde der Pop-up-Radweg vor dem Rathaus Friedrichshain verstetigt. Anwohnenden ist das nicht genug.

Es ist nicht irgendein Radweg, der am Freitagmittag von Berlins Verkehrssenatorin Bettina Jarasch und Verkehrsstadträtin Annika Gerold (beide Grüne) zwischen Voigtstraße und Proskauer Straße auf der nördlichen Seite der Frankfurter Allee mit neuen Schutzelementen als dauerhaft eingeweiht wurde.

Der ehemalige Pop-up-Radstreifen, der in der Corona-Pandemie 2020 von Bezirk und Senat eingerichtet wurde, führt nicht nur direkt am Rathaus Friedrichshain vorbei. 2021 erlangte er durch einen tödlichen Unfall traurige Berühmtheit.

„Vielleicht erinnern Sie sich: Ein Transporter parkte auf dem Radweg, eine Radfahrerin musste ausweichen und wurde dabei überrollt“, sagte Jarasch. Gemeint ist Laëtitia Graffart, die nur 37 Jahre alt wurde. Nach Graffarts Tod forderten Angehörige sowie Radaktivist:innen mehr Schutz für Radfahrende auf Berlins Straßen.

Leitboys, Leitschwellen, rote Markierungen

Es seien nun umfangreiche Sicherungsmaßnahmen vorgenommen worden, damit sich „so etwas nicht wiederholen kann“, sagte die Verkehrssenatorin. Orangefarbene Plastikaufsteller auf Leitschwellen, sogenannte Leitboys, trennen den Radweg jetzt von der viel befahrenen Frankfurter Allee, rote Markierungen auf dem Asphalt sollen die Kfz-Fahrer:innen auf mögliche Gefahrenstellen hinweisen. Der Radweg führt außerdem nicht mehr über den Fußgängerweg, ist also kein sogenannter Hochbordradweg mehr.

„Es ist ein Stück Verkehrssicherheit mehr für Berlin – für die Radfahrenden, aber auch für die Autofahrer:innen. Sie müssen keine Angst mehr haben, einen Unfall zu verursachen“, sagte Jarasch.

Doch bei der Einweihung wurde auch Kritik laut. So hatten sich Aktive der Anwohnerinitiative „Frankfurter Allee Tempo 30“ vor dem Rathaus versammelt – geschützte Radwege allein reichten ihnen nicht aus. In einer Petition hatten sie im Dezember 2022 die Einführung von Tempo 30 auf der Frankfurter Allee gefordert, die mehr als 1000 Menschen unterschrieben.

Wir löchern den Bund auf allen Ebenen.

Bettina Jarasch (Grüne), Verkehrssenatorin, zum Thema Tempo 30 auf der Frankfurter Allee

„Tempo 30 ist ein weiterer extrem wichtiger Baustein“, ermutigte die Verkehrssenatorin die Aktiven. Doch die Frankfurter Allee ist eine Bundesstraße und die Anordnung von Tempo 30 nicht einfach, vor allem der Straßenverkehrsordnung wegen.

„Wir löchern den Bund auf allen Ebenen“, sagte Jarasch. Die Verkehrsverwaltung versuche nun, bei der Anordnung auch über die Faktoren Luftverschmutzung oder Lärmbelastung weiterzukommen. Darauf hatte die Initiative schon im Dezember hingewiesen.

Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) ermutigte bei der Eröffnung des Radwegs die Aktivisten: „Tempo 30 ist ein weiterer extrem wichtiger Baustein“ – doch auf der Frankfurter Allee gibt es Hindernisse.

© Corinna von Bodisco/Tagesspiegel

Verkehrsstadträtin Annika Gerold ergänzte, alle zwölf Bezirksstadträte hätten Anfang Oktober einen Brief an Verkehrsminister Volker Wissing geschrieben und eine umfassende Reform des Straßen- und Verkehrsrechts gefordert.

„Wir wollen schneller werden mit den Radwegen“, sagte Jarasch. Die Bauarbeiten des Radweges auf der Frankfurter Allee haben seit Oktober „nur ein knappes halbes Jahr gedauert“. Seit dem tödlichen Unfall und der Verstetigung sind allerdings fast zwei Jahre vergangen. Auf die Frage nach dem Grund weist das Bezirksamt darauf hin, dass die beim Senat beantragten Kosten erst mit Beschluss des Haushalts im Sommer 2022 erfolgen konnten.

Initiativen äußern auch Kritik

Die ADFC-Stadtteilgruppe Friedrichshain-Kreuzberg, ebenfalls bei der Eröffnung anwesend, begrüßt die Verstetigung als gelungen und lobt die Umwandlung fast aller Autoparkplätze in Radparkplätze sowie die Rotmarkierungen an den Gefahrenstellen. Der ungeschützte Pop-up-Radweg sei von „vornherein untragbar“ gewesen, wie dann auch der tödliche Unfall gezeigt habe.

Ein Kind würde man dort immer noch ungerne alleine fahren lassen.

Ragnhild Sørensen, Sprecherin Initiative Changing Cities

Kritik an den Neuerungen hat ADFC-Sprecher Markus Henn dennoch: „Die Bodenleisten der Schutzelemente sind offensichtlich nicht für die Belastungen an der Frankfurter Allee ausgelegt, da sie schon jetzt zur Eröffnung an zwei Stellen beschädigt sind.“ Auch führte Henn an, dass es einen durchgehend geschützten Radweg schon ab Lichtenberg brauche – „denn auch vor dem Plaza-Einkaufszentrum ist zu wenig Platz für gemeinsamen Rad- und Fußverkehr“.

Auch Changing Cities kritisiert, dass die Schutzelemente „deutlich stabiler“ sein könnten. „Ein Kind würde man dort immer noch ungern alleine fahren lassen“, sagte Initiativen-Sprecherin Ragnhild Sørensen. „Mit Tempo 30 dagegen würde sich die objektive und subjektive Sicherheit vehement erhöhen“, pflichtete sie bei. Letztlich blieben beim neuen 500-Meter-Radweg die Kreuzungsbereiche „wie fast immer in Berlin – unverändert“.

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