zum Hauptinhalt
Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes,  am Montag in Berlin.

© dpa/Christoph Soeder

„Es kommt eine neue Zeit“: DGB wirft Verteilungsfrage auf

Yasmin Fahimis Schlussfolgerung aus dem Krisenjahr 2022: Wirtschaftliche und soziale Resilienz als Hauptziel der Gewerkschaften

| Update:

Das Krisenjahr 2022 haben die meisten Arbeitnehmer dank staatlicher Hilfen ordentlich überstanden, doch nun sollten nach den Vorstellungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Schlussfolgerungen aus den Erfahrungen gezogen werden. „Jetzt kommt eine neue Zeit“, meinte die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi am Montag. Im neuen Jahr müssten „die Weichen für soziale und wirtschaftliche Resilienz gestellt werden“. Der Ausblick der Gewerkschafterin, die für acht DGB-Gewerkschaften mit insgesamt knapp 5,7 Millionen Mitglieder spricht, richtet sich auf drei Bereiche: Eine klimaneutrale und dabei wettbewerbsfähige Industrie, mehr Investitionen in den öffentlichen Dienst mit seinen Leistungen der Daseinsvorsorge sowie eine gerechtere Einkommens- und Vermögensverteilung.

„Wir haben ein großes Verteilungsthema in diesem Land“, meinte Fahimi. Trotz wirksamer Maßnahmen der Ampel-Regierung und zuletzt hoher Tarifabschlüsse seien „viele Haushalte immer noch armutsgefährdet“. Grundsätzlich hätten die Gewerkschaften den Anspruch, „die Politik zu entlasten“, indem mit Arbeitgebern die Arbeitsbedingungen ausgehandelt würden. Die schrumpfende Tarifbindung - nur noch rund die Hälfte der Beschäftigten wird nach Tarif bezahlt – erschwere das zunehmend. Die DGB-Vorsitzende sprach von „Sprengstoff für den sozialen Frieden und für die Transformation“ und forderte von der Bundesregierung einen „Nationalen Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindung“.

Für „demokratischen Aufbruch“

Bestandteile des Plans nach den Vorstellungen des DGB: Öffentliche Aufträge und überhaupt Fördermittel sollten nur noch Unternehmen bekommen, die einen Tarifvertrag anwenden. „Ohne Treue zu den Werten und Grundlagen einer sozialen Marktwirtschaft kein Zugang zu den Vorteilen der sozialen Marktwirtschaft“, sagte die DGB-Vorsitzende. Bei den im März anstehenden Sitzungen der konzertierten Aktion und der Allianz für Transformation werde sie das ansprechen. Ferner seien stabile Energiepreise, der Ausbau der Erneuerbaren und ein neues Energiemarktdesign die wichtigsten Themen aus Sicht des DGB. Für den Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft brauche es „einen demokratischen Aufbruch“, was für die Arbeitswelt mehr Mitbestimmung und eine höhere Tarifbindung bedeute.

„Die Funktionsfähigkeit von Sozial- und Rechtsstaat steht auf dem Spiel“, meinte die DGB-Vorsitzende hinsichtlich der Personalprobleme im öffentlichen Dienst. Eine „Revitalisierung staatlicher Leistungen“ müsse das Ziel sein, dazu gehörten auch bessere Arbeitsbedingungen. Am Dienstag beginnen die Tarifverhandlungen für rund 2,5 Millionen Beschäftigte der Kommunen und beim Bund; Verdi fordert eine Tariferhöhung um 10,5 Prozent oder mindestens 500 Euro je Kopf und Monat.

Mehr zum Thema

Die Personalnot im öffentlichen Dienst sei inzwischen so groß, dass 45 Prozent Beschäftigten häufig länger arbeiten müssten. „Es gibt zu wenig Personal, und das Personal, was da ist, klappt zusammen“, sagte Fahimi. Ursächlich seien dafür auch unterbliebene Investitionen und die unzureichende Personalplanung. Die Finanzierung besserer öffentlicher Dienstleistungen sei möglich mit der höheren Besteuerung von Spitzenverdienern, einer Vermögensteuer und einer höheren Erbschaftssteuer. Die Industrie sieht das anders. „Die Bundesregierung sollte den Mut und die Kraft aufbringen, eine Unternehmensteuerreform auf den Weg zu bringen, die den deutschen Standort im globalen Wettbewerb zukunftssicher macht“, forderte BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Montag.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false