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Dr. Magnus Heier

© Stefan Braun

Im weißen Kittel: Im Gehen denken – Bewegung fördert den Geist

Ob beim Telefonieren oder Philosophieren: Bewegung unterstützt das Gehirn bei seiner anspruchsvollen Arbeit. Darauf verweist schon eine aus der Antike stammende Weisheit.

Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

Bin ich dement? Ist das noch normal, mit dem Vergessen von Namen? Die Verunsicherung ist groß und treibt Patientinnen und Patienten in die Praxis. In der Regel lässt sich nach einem einfachen Gespräch mit ein paar Testfragen Entwarnung geben. Nach der ersten Erleichterung kommt fast immer die Frage: „Was kann ich tun, um geistig fit zu bleiben?“

Die erste Antwort ist immer, was man nicht tun sollte: Die vermeintlichen Geheimrezepte – von Vitamin B12 bis zu Ginkgo – sind bei näherem Hinsehen nicht wirklich überzeugend. Auch andere Nahrungsergänzungsmittel sind bei „normaler“ einigermaßen vielfältiger Ernährung nicht nötig – im Gegenteil: Auch Vitamine und Mineralien kann man gefährlich überdosieren.

Was aber immer deutlicher überzeugt, ist der uralte medizinische Satz: „Mens sana in corpore sano“ – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. Körperliche Aktivität stimuliert auch die Konzentration. Das wussten schon die Philosophen der Antike: Ein Wandelgang in der Schule des Aristoteles soll zum Philosophieren im Gehen genutzt worden sein. Mein psychiatrischer Oberarzt pflegte die gemeinsamen Patienten beim Spazierengehen im Garten der Klinik zu besprechen. Und nichts anderes tun wir, wenn wir beim Telefonieren in Wohnung, Praxis oder Büro herumlaufen. Bewegung nutzt dem Geist.

Und das kann die Wissenschaft beweisen: Leichter Sport gleich welcher Art verbessert die Ergebnisse kognitiver Tests. Vermutlich hilft die Aktivität dem Gehirn dabei, Verbindungen zu knüpfen – und damit zu lernen. Vor allem der Hippocampus, das Zentrum neu gebildeter Erinnerungen, scheint beteiligt. Die uralte Weisheit der Antike ist also völlig richtig: Bewegung ist gut für den Geist.

Aber wie viel und was? Der Leichtathlet Thomas Wessinghage hat mir in einem Interview das schöne Zitat gegeben: „Nicht klotzen, sondern kleckern.“ Täglich ein Spaziergang ist besser als ein Halbmarathon am Wochenende (und das gilt für jede andere sportliche Betätigung gleichermaßen). Offensichtlich ist, dass sich viele Ältere zu wenig bewegen. Genau das könnte eine Teilursache des geistigen Abbaus sein – und Bewegung dessen Vorbeugung.

Die bisher erschienen Folgen finden Sie auf der Kolumnenseite des Tagesspiegel.

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