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Benjamin Netanjahu nimmt mit Arie Deri (links) an einer Kabinettssitzung teil (Archivbild).

© dpa/picture alliance/AP/Sebastian Scheiner

Rückschlag für Benjamin Netanjahu: Israels Oberstes Gericht erklärt Minister-Ernennung für ungültig

Der mehrfach verurteilte Arie Deri darf sein Ministeramt nicht behalten. Die Entscheidung könnte Israels neue Regierung dazu bringen, ihre Pläne zur Schwächung der Justiz zu forcieren.

Das Höchste Gericht in Israel hat sich gegen die Ernennung eines Mitglieds der neuen Regierung gestellt. Der Vorsitzende der strengreligiösen Schas-Partei, Arie Deri, kann sein Amt als Innen- und Gesundheitsminister nicht behalten, urteilten die Richter am Mittwoch. Die Richter stuften die Ernennung als „unangemessen“ ein.

Bürgerrechtler hatten zuvor wegen dessen krimineller Vergangenheit Beschwerde eingelegt. Das Urteil gilt als schwerer Schlag gegen die neue Regierung des wiedergewählten Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Unklar war zunächst, ob der Regierungschef sich an das Urteil hält und Deri entlässt oder sich widersetzt und damit den Streit mit dem Justizsystem weiter verschärft.

Deri ist mehrfach verurteilt, zuletzt 2021 wegen Steuerhinterziehung. Um dennoch in der neuen rechts-religiösen Regierung von Benjamin Netanjahu zum Innen- und Gesundheitsminister ernannt werden zu können, wurde eigens ein Gesetz geändert. Später sollte er im Rahmen einer Rotationsvereinbarung Finanzminister werden.

Deris Schas-Partei warf dem Gericht vor, eine „politische Entscheidung“ getroffen zu haben, die den Wählerwillen untergrabe. Die Vorsitzenden der Koalitionsparteien teilten in einer gemeinsamen Mitteilung mit, das Urteil sei „eine Ungerechtigkeit“. Deris „außergewöhnlichen Fähigkeiten und seine große Erfahrung werden vom Staat Israel in diesen komplexen Tagen mehr denn je benötigt“, hieß es weiter. Deri gilt als enger Verbündeter Netanjahus.

Noch am Mittwochvormittag hatte der zur Schas-Partei gehörende Wohlfahrtsminister Yaakov Margi Netanjahu davor gewarnt, dass es keine Regierung geben werde, wenn das Gericht seinem Parteichef das Ministeramt verbietet. „Wenn das Gericht ihn ausschließt, muss der Premierminister entscheiden, was zu tun ist.“ Seine Partei sehe keinen Grund, dass Deri nicht als hochrangiger Minister in Israel dient.

Opposition fordert Anerkennung des Urteils

Merav Michaeli von der sozialdemokratischen Arbeitspartei rief Netanjahu und Deri dazu auf, die Entscheidung anzunehmen: „Jede andere Entscheidung ist eine Rebellion der israelischen Regierung, die es jedem erlaubt, das Gesetz zu brechen und die Entscheidung der Gerichte nicht zu respektieren“.

Es wird befürchtet, dass der neue Justizminister Jariv Levin aufgrund des Gerichtsurteils noch schneller mit seinen Plänen zur Schwächung des Höchsten Gerichts voranschreiten könnte. In den vergangenen Wochen gingen Zehntausende Menschen in Israel dagegen auf die Straßen. Am Samstag ist erneut eine große Demonstration in Tel Aviv geplant.

Eine Mehrheit im Parlament soll den Plänen nach ein Gesetz verabschieden können, auch wenn es nach Ansicht des Höchsten Gerichts gegen das Grundgesetz verstößt. Levin will außerdem die Zusammensetzung des Gremiums zur Ernennung von Richtern ändern. Er wirft dem Höchsten Gericht etwa eine übermäßige Einmischung in politische Entscheidungen vor. Am Mittwoch teilte er mit, er werde „alles Notwendige tun, um das Unrecht gegenüber Deri wiedergutzumachen“.

Deri wurde im Jahr 2000 wegen Bestechlichkeit, Korruption und Untreue auch während seiner Zeit als Innenminister zu drei Jahren Haft verurteilt. 2013 erlebte er ein politisches Comeback. 2021 musste er dann wegen neuer Steuervergehen sein Abgeordnetenamt niederlegen und bekam im Rahmen eines Vergleichs Bewährung. Er hatte vor Gericht versichert, aus der Politik aussteigen zu wollen.

Die neue Regierung verfügt über 64 von 120 Sitzen im Parlament. Die Hälfte davon gehört zu Netanjahus Regierungspartei Likud, die andere Hälfte zu dem rechtsextremen Religiös-Zionistischen Bündnis sowie zwei strengreligiösen Parteien. Netanjahus Lager hatte bei der Parlamentswahl am 1. November eine klare Mehrheit erzielt. Es war bereits die fünfte Wahl binnen dreieinhalb Jahren. (dpa/KNA)

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