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Kultur: Fröhliche Forschung

Gute Musik zu bevorzugen, dürfte jeder von sich behaupten - die Berliner "Freunde Guter Musik" widmen sich jedoch besonders guter.Seit seiner Gründung im Mai 1983 hat der eingetragene Verein eine Vielzahl von Konzerten experimenteller Musik auf die Beine gestellt, von denen nicht wenige in die Musikgeschichte der Stadt eingehen werden.

Gute Musik zu bevorzugen, dürfte jeder von sich behaupten - die Berliner "Freunde Guter Musik" widmen sich jedoch besonders guter.Seit seiner Gründung im Mai 1983 hat der eingetragene Verein eine Vielzahl von Konzerten experimenteller Musik auf die Beine gestellt, von denen nicht wenige in die Musikgeschichte der Stadt eingehen werden.Der Bogen spannt sich vom Rahmenprogramm zu Harald Szeemanns legendärer Ausstellung "Der Hang zum Gesamtkunstwerk" 1984 bis zum Klangkunstfestival "sonambiente" der Akademie der Künste vor drei Jahren - stets geht es den "Freunden" um das Neue in der neuen Musik, um Grenzüberschreitung von Medien und Genres.Daher fällt auch eine ästhetische Einordnung des Gebotenen schwer.

Die New Yorker Avantgarde der siebziger Jahre bildete wohl den Ausgangspunkt mit ihrer Verschmelzung von Kunst und Pop, der Entwicklung der Composer-Performer, der Annäherung von Komposition, Improvisation und Performance und schließlich dem selbstverständlichen Gebrauch von Live-Elektronik und Hybrid-Instrumenten.Alle ihre Vertreter waren auf Einladung der Freunde Guter Musik in Berlin: David Tudor, Takehisa Kosugi, Robert Ashley, Phill Niblock, Jerry Hunt, Fast Forward, Malcolm Goldstein, Elliott Sharp und viele mehr.

Aus New York übernahm man auch die Form des Loft-Konzertes.Dank des informellen Rahmens der "Konzerte am Sonntagnachmittag" im Domizil der Freunde in einer Fabriketage am Erkelenzdamm können Interpret und Publikum nach der Darbietung - fern moderierter Konventionen - ins Gespräch kommen.Dieser Austausch wird von den Veranstaltern durchaus gesucht, denn ihre Konzerte führen zu Kontroversen auch in den eigenen Reihen.Kein Wunder, wenn man sich sowohl mit den Weihen avancierter Hochkultur umgibt als auch die Abgründe fröhlich wuchernder Sub- und Klub- und Alltagskultur erforscht.Die Freunde Guter Musik beobachten die Szene, um dann mit ihren Veranstaltungen inspirierend zurückzuwirken.Dazu braucht es einen langen Atem und den institutionellen Hintergrund eines festen Büros, in dem Ingrid Buschmann, Matthias Osterwold und Dieter Scheyhing ihre Fischzüge koordinieren.Dieser Geschäftsbetrieb ist jedoch in den üblichen Finanzierungsmodellen nicht berücksichtigt, und so leben die Freunde, trotz mitunter beachtlicher Refinanzierungsraten, von Jahr zu Jahr von der Hand in den Mund.Eine feste Grundförderung sollte hier endlich Abhilfe schaffen und die jahrelang für die Stadt geleistete Arbeit anerkennen.Mit eigenen Etat könnten die Freunde auch flexibler und erheblich kostengünstiger produzieren.

Kooperationen mit großen Häusern bilden schließlich nur bedingt einen Ausweg.Zwar sorgt deren Haushalt für mehr Spielraum, ihr Apparat aber auch für neue Zwänge.Die Zusammenarbeit mit dem Hamburger Bahnhof eröffnet derzeit das Rahmenprogramm zur "Sensation"-Ausstellung, das am kommenden Wochenende junge Performance-Kunst aus Großbritannien vorstellt.Die musealen Objekte werden in ihrer aggressiven Körperlichkeit wörtlich genommen, wenn etwa Calire Shillito während der üblichen Öffnungszeit einen Escort-Service anbietet oder Bruce Gilchrist zur Mittagszeit die Geräusche von Nahrungsaufnahme und Verdauung in eine "Sonic Food Sculpture" überführt.Doch obgleich das "Museum für Gegenwart" angetreten ist, auch intermediale Konzepte zu präsentieren, bedarf der eigens hierfür eingerichtete Aktionsraum noch immer der saalakustischen Optimierung.Anspruch und Wirklichkeit klaffen noch weit auseinander.

Im Mai beginnen die Freunde Guter Musik die lang angelegte Reihe "Musikwerke" mit Kompositionen bildender Künstler, in der Hanne Darboven, Yves Klein, Hermann Nitsch und Lawrence Weiner im Hamburger Bahnhof sowie in der Bundeskunsthalle Bonn zu hören sein werden.Ein Großprojekt, das sie aber nicht hindern wird, weiter an neuen kleineren Formen zu arbeiten.Klubkonzerte, Electronic Lounges, Konzerte an ungewöhnlichen Orten, etwa in "unvermieteten Neubauten", bleiben weiterhin auf der Tagesordnung.

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