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Kultur: Reif für den Beitritt

über das Klassikland Türkei und seinen Star Gehört die Türkei nun zu Europa oder nicht? Politisch zwar noch lange nicht, in Sachen Klassik dagegen längst: Beeindruckend ist die Liste türkischer Musiker, die es in den letzten Jahrzehnten zu internationalem Ruhm geschafft haben – angefangen mit der Operndiva Leyla Gencer über Klaviergeschwister wie die Pekinels oder die Önders bis zu Pianisten wie Hüsein Sermet und Toros Can, von lokalen eigenständigen Klassiktraditionen wie der türkischen Operette einmal ganz abgesehen.

über das Klassikland Türkei und seinen Star Gehört die Türkei nun zu Europa oder nicht? Politisch zwar noch lange nicht, in Sachen Klassik dagegen längst: Beeindruckend ist die Liste türkischer Musiker, die es in den letzten Jahrzehnten zu internationalem Ruhm geschafft haben – angefangen mit der Operndiva Leyla Gencer über Klaviergeschwister wie die Pekinels oder die Önders bis zu Pianisten wie Hüsein Sermet und Toros Can, von lokalen eigenständigen Klassiktraditionen wie der türkischen Operette einmal ganz abgesehen. Das ist auch insofern bemerkenswert, als es nun einmal keinen Bereich der Kultur gibt, der von Bach bis Boulez so europäisch geprägt ist wie die klassische Musik. Freilich waren die türkischen Klassik-Stars lange Zeit in Europa bekannter als im eigenen Land, wo ihnen nur eine hauchdünne Schicht von Intellektuellen zuhörte. Aber auch das hat sich geändert – spätestens mit dem Auftreten von Fazil Say . Und, siehe da, Say ist nicht nur international groß im Geschäft – sein Debüt-Album mit Mozart-Sonaten etwa verkaufte sich am Bosporus ungefähr so gut wie hierzulande die Goldberg-Variationen des von nahezu allen großen Blättern zum Klavierwunderjungen gehypten Martin Stadtfeld. Wobei nicht unwesentlich sein dürfte, dass Say sich neben Bach und Gershwin auch mit traditioneller türkischer Musik auseinander setzt: In seinen eigenen Kompositionen wie dem Seidenstraßen-Klavierkonzert versucht er, eine Synthese aus den scheinbaren Gegensätzen zu gewinnen. Klar, dass Say auch zu den Top-Acts beim Simdi-Now-Festival gehörte, das im vergangenen Herbst versuchte, die Vielfalt der Einflüsse aufzuzeigen, denen türkische Musik von Klassik bis Pop ausgesetzt ist. Sein Auftritt am Mittwoch in der Philharmonie bewegt sich allerdings wieder in regulären zentraleuropäischen Repertoirebahnen. Mit dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg , das unter seinem neuen Chef Bramwell Tovey wieder überregionale Bedeutung gewinnen will, spielt Say das eingängige zweite Klavierkonzert von Camille Saint-Saens. Der hat übrigens sogar ein „ägyptisches“ Klavierkonzert geschrieben. Aber so weit ist die EU wohl noch nicht.

Jörg Königsdorf

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