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Die vier Frauen von Hinds kommen aus Madrid.

© Promo

Rock: Hinds im Berliner Lido: Schrammeln, strahlen, flirten

Gerade erst ist das Debütalbum der spanischen Garagenrockerinnen erschienen, jetzt spielten Hinds Berliner Lido.

Zu viel Lob kann genauso schaden wie ein Verriss. Vom „beachtenswertesten Pop–Phänomen des Jahres“ war da schon die Rede, das vorvergangene Woche erschienene Debütalbum wurde erst mit „Spannung erwartet“ und dann als „aufregend“ beurteilt. Da liegt die Messlatte hoch. Doch die vier Spanierinnen der Band Hinds legen eine so rotzige wie unbeschwerte „Ist mir egal“-Haltung an den Tag, dass sie sich davon offenbar nicht beeindrucken lassen.

Schnörkellos und unprätentiös beginnt dann auch am Freitagabend das Konzert im gut gefüllten Berliner Lido. Ihr nach Sommer und Meer klingender Garagenrock ist live noch lebhafter als auf dem Album „Leave me alone“. Und spätestens nach dem zweiten Song „Fat Calmed Kiddos“ kommt Bewegung ins Publikum.

Angeblich kokettieren die Musikerinnen damit, keinen Song zweimal gleich spielen zu können. Etwas schrammelig und plärrig kommen die Lieder auch daher. Hinds scheitern zuweilen an den selbst gesteckten Tempowechseln, die beiden Leadsängerinnen übertönen sich gegenseitig, manchmal ist noch nicht einmal klar, in welcher Sprache sie singen.

Letztes Mal kamen 80 Leute, diesmal dreimal so viele

An ihr Vorbild, die Strokes, reichen Hinds noch nicht heran. Den Fehler verzeiht man ihnen jedoch gern, denn sie sind charmant und unterhaltsam. Statt Starallüren bringen die Anfang 20-Jährigen eine gewisse Naivität mit, sie strahlen und flirten mit dem Publikum. Zu ihrem letzten Konzert in Berlin im vergangenen Jahr kamen nur 80 Leute, jetzt sind es schon gut dreimal so viele.

Hinds live im Lido in Berlin.

© Maria Fiedler

Sind die vier Madrileninnen nur erfolgreich, weil All-Girls-Bands im Rockbusiness selten sind? Mit exakt diesem Vorurteil spielen Hinds. Die Rollen sind klar verteilt. Sängerin und Gitarristin Carlotta Cosials verzieht den Mund zur Schnute, stellt sich auf die Zehenspitzen und knickt nach dem Ende eines Songs das Bein kokett nach hinten weg. Gitarristin und Sängerin Ana Perrote ist für den „Bad Girl“-Part zuständig, trinkt den Rotwein direkt aus der Flasche und schüttelt ihre Mähne. Ade Martin am Bass gibt die Schüchterne in schwarzer Latzhose und weißem T-Shirt. Am Schluss wirft Schlagzeugerin Amber Grimbergen ihr Handtuch ins Publikum und hüpft zum Stage-Diving in die Masse.

Die schnellen, lauten Stücke wie „Castigadas En El Granero“ liegen Hinds mehr als langsame Songs wie „Bamboo“, bei denen musikalische Unzulänglichkeiten stärker auffallen. Im Verlauf des Konzerts steigern sich Hinds und gewinnen an Energie. Trotzdem ist die Band alles andere als perfekt, schließlich ist sie noch am Anfang ihrer Karriere. Das Konzert gipfelt in der Zugabe „Trippy Gum“, einem älteren Stück, bei dem vor der Bühne alle mitspringen.

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