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Lesermeinung: Babelsberg ohne Gymnasium?

Zu: Geplante Schließung des Espengrund-Gymnasiums Aufschlussreich war eine Versammlung des Ortsverbandes Babelsberg der CDU am 20. November im Hotel Am Griebnitzsee.

Zu: Geplante Schließung des Espengrund-Gymnasiums Aufschlussreich war eine Versammlung des Ortsverbandes Babelsberg der CDU am 20. November im Hotel Am Griebnitzsee. Als ehemaliger Lehrer (1957 - 1962) der „erweiterten Beethoven - Oberschule“ , Nachfolgerin des ehrwürdigen Althoff-Gymnasiums, habe ich die Schließung eines Gymnasiums persönlich in bitterer Erinnerung. Ich hatte einen vollen Saal erwartet, dem war nicht so. Die Schulleitung, einige Lehrer und Eltern trafen sich mit den Mitgliedern des CDU-Ortsverbandes zu einem konstruktiven Gespräch. Es wurde kritisiert, dass vor der Entscheidungsfindung der Kommunalpolitiker die Schulverwaltung den Schulentwicklungsplan in die Öffentlichkeit gab, ja dass schon Zuordnungen einzelner Klassenstufen in anderen Gymnasien abgesprochen wurden. Da drängt sich eine Parallele auf: Baue ich eine breite Straße über das Areal des ehemaligen Stadtschlosses, dann schaffe ich Tatsachen, die schwer rückgängig zu machen sind – verhandle ich schon mit anderen Gymnasien, wann welche Klassen das Espengrund- Gymnasiums aufgenommen werden sollen, dann stellen sich diese Schulen darauf ein. Mir ist als Ergebnis der Diskussion so einiges klar geworden: 1. Hier zeigt sich wieder das Grundübel unserer Stadtverwaltung. Wer hat denn hier das Sagen? Die Stadtverordnetenversammlung oder die Verwaltung? Wie ein Zuhörer sinngemäßrichtig bemerkte: „Die politischen Entscheidungsträger sind zur Zeit mit sich selbst beschäftigt, und die Verwaltung macht inzwischen Nägel mit Köpfen". 2. Spielt sich hier nicht im Untergrund wieder der politische Machtkampf zwischen den Anhängern des Gesamtschulmodells (SPD) und des gegliederten gymnasialen Ausbildungsweges (CDU) ab? Konnte sich der Schulleiter eines Gymnasiums als SPD-Mitglied wirklich gegen die Parteiinteressen stellen? Ein Austritt aus dieser Partei – jetzt im Ruhestand – scheint die einzige Konsequenz zu sein. 3. Die Leistungen des Espengrund- Gymnasiums wurden an diesem Abend aufgezählt; sie sind beachtlich. An der mangelnden Öffentlichkeitswirksamkeit wären die Medien schuld. Da scheint mir eine einseitige Sicht zu sein! 4. Zu unterstreichen ist, was eine engagierte Mutter sagte: ,,Babelsberg braucht ein Gymnasium. Jede Familie, die in das aufstrebende Wohngebiet Babelsberg zieht, fragt nach einem Gymnasium in der Nähe." Steeven Bretz (stellv. Ortsvorsitzender des CDU-Ortsverbandes) brachte es auf den Punkt: Babelsberg ist ein aufblühender Ortsteil Potsdams, benötigt alle Schulformen. 5. Die Argumentation, wonach das Oberlinhaus großes Interesse an der Übernahme des Schulgebäudes hätte, wurde von der Schulleitung durch Verlesen eines Briefes des Oberlin-Vereins vom Tisch gefegt. Der Verein negiert darin jegliche Interessen, bedankt sich im Gegenteil für die gute nachbarliche und auch inhaltliche Zusammenarbeit. 6. Die Begründung der Schulschließung im Schulenentwicklungsplanprimär mit bautechnischen Fakten, ohne Aufzeigen von Alternativen, wie z.B. des Umzugs in den Standort Kopernikustrasse, wurde ebenfalls kritisiert. 7. Es kam zum Ausdruck, dass zwar die Mobilisierung der Öffentlichkeit in Babelsberg eine Hilfe sei, aber die Entscheidung werden die neugewählten politischen Entscheidungsträger in der Stadtverordnetenversammlung ist nicht gerade von Vorteil für eine schnelle Mehrheitsfindung, wie es Götz Friedrich als frischgewählter Faktionsvorsitzender der CDU erläuterte. 8. Überdenken sollten die Stadtverordneten auch die Planung der Schultypenanteile in Potsdam. Es klang in der Diskussion an, dass der Schlüssel ein Drittel Gymnasium – zwei Drittel Gesamtschulen sein. Abgesehen davon, dass hier der Wunsch der Eltern bei der Schulwahl ihrer Kinder vorrangig berücksichtigt werden sollte, ist auch zu überdenken, dass Potsdam sich mit seinem Forschungsstätten und der Hightechindustrie in die Spitzenstellung unter den deutschen Städten geschoben hat. Hier wird ein qualifizierter Nachwuchs benötigt, der Planungsschlüssel 50 zu 50 wäre hier angebracht. 9. Zum Schluss mein persönlicher Wunsch: Bei der Auflösung der Beethoven- Oberschule 1961/62 waren deren Direktor und die Parteisekretärin die willfährigen Vollstrecker. Mögen heute die politischen Kräfte in Potsdam eine Mehrheit finden, die einem gegliederten gymnasialen Schulsystem in Babelsberg neben der Gesamtschule eine Gleichberechtigung zugestehen. Möge es den qualifizierten Lehrern des Espengrund- Gymnasiums nicht so ergehen, wie es mir erging: Versetzung in die Mittelstufe der POS, während die nichtqualifizierten Genossen mit den Schülern an die Humboldt- EOS gingen! Dr. Horst Röpke, Potsdam

Dr. Horst Röpke

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