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Meinung: Respekt vor der Kunst

„Als die Quadriga zu Bruch ging“von Brigitte Grunert vom 2. JanuarDie Quadriga von Johann Gottfried Schadow auf dem Brandenburger Tor ist nicht „in Bronze gegossen“ sondern in Kupfer getrieben worden.

„Als die Quadriga zu Bruch ging“

von Brigitte Grunert vom 2. Januar

Die Quadriga von Johann Gottfried Schadow auf dem Brandenburger Tor ist nicht „in Bronze gegossen“ sondern in Kupfer getrieben worden. Wenn es sich bei dieser Skulptur um einen Bronzeguss handeln würde, wären die großen Schäden in der Silvesternacht 1989/90 bei der Besteigung des Brandenburger Tors und der Quadriga weitaus geringer ausgefallen. Da aber die dünnwandige Treibarbeit in Kupferblech wesentlich empfindlicher ist als ein Bronzeguss, wurden die Pferdekörper und andere plastische Teile des Gespanns durch das Herumklettern auf der Skulptur demoliert.

Der Überarbeitung einer Treibarbeit sind jedoch Grenzen gesetzt, weil sich Verformungen des Volumens, Dellen und Beschädigungen der Oberfläche nur sehr schwer wieder beseitigen lassen. Will man die ursprüngliche Spannung der Form wieder herstellen, muss man beschädigte und deformierte Teile mit Hilfe der originalen Modelle und Negativformen erneut in Kupferblech treiben. So geschah es 1957 – allerdings mit der kompletten Skulptur! In den letzten Kriegstagen restlos zerstört, wurde die Quadriga in der Bildgießerei Hermann Noack nach den zum Glück noch vorhandenen Modellen ein zweites Mal in Kupferblech getrieben. Von dem Original befindet sich nur noch ein Pferdekopf im Märkischen Museum. Man kann also durchaus von einer zweiten Zerstörung sprechen.

Die Besteigung des Brandenburger Tors in der Silvesternacht 1989/90 hätte selbstverständlich (nicht nur aus Sicherheitsgründen und mit Rücksicht auf die Folgekosten) verhindert werden müssen – einfach aus Respekt vor einem bedeutenden Kunstwerk. Aber daran fehlt es oft in Berlin. Beispiele dafür gibt es genug.

Prof. Christian Höpfner,

Berlin-Wilmersdorf

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