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ARCHIV - 09.04.2024, Niederlande, Den Haag: Tania von Uslar-Gleichen (l), Justiziarin und Leiterin der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes von Deutschland, am zweiten Tag der Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof.

© dpa/ROBIN VAN LONKHUIJSEN

Nach Völkermord-Anklage aus Nicaragua: UN-Gericht weist Forderungen gegen Deutschland ab

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat im Verfahren um Beihilfe zum Völkermord in Gaza zugunsten Deutschlands entschieden. Rüstungsexporte nach Israel müssen nicht gestoppt werden.

Im Völkermord-Verfahren gegen Deutschland hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag die Forderungen Nicaraguas zurückgewiesen. Deutschland müsse die Rüstungsexporte nach Israel nicht stoppen, entschieden die höchsten UN-Richter am Dienstag in Den Haag.

Es werde keine Dringlichkeitsanordnung erlassen, teilte das Gericht am Dienstag mit. Man sei dennoch tief besorgt angesichts der humanitären Situation der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Der Gerichtshof gab aber auch einem deutschen Antrag auf Abweisung des Falles nicht statt, sodass dieser weitergeführt werden kann. Die Bundesregierung reagierte dennoch mit Erleichterung.

Das autoritär regierte Nicaragua hatte der Bundesrepublik vorgeworfen, unter anderem durch Waffenlieferungen an Israel, „Beihilfe zum Völkermord“ an den Palästinensern zu leisten. Noch vor dem Ende des Verfahrens sollte das Gericht nach dem Willen des zentralamerikanischen Landes fünf Sofortmaßnahmen durchsetzen, darunter auch die Einstellung deutscher Waffenlieferungen an Israel.

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Nicaragua hatte damit argumentiert, dass im Gazastreifen wegen des Vorgehens des israelischen Militärs die ernste Gefahr eines Völkermords bestehe. Berlin habe gegen die Völkermordkonvention von 1948 verstoßen, weil es Israel weiterhin mit Waffen beliefere. Die Richter des IGH hätten zuvor entschieden, es sei plausibel, dass Israel während seines Angriffs auf Gaza einige in der Völkermordkonvention garantierte Rechte verletzt habe. Die israelische Regierung bestreitet dies.

Deutschland weist die Vorwürfe Nicaraguas zurück

Die Bundesregierung hatte die Vorwürfe Nicaraguas entschieden zurückgewiesen. Sie argumentiert zum einen mit dem Selbstverteidigungsrecht Israels. Zum anderen wird auf die umfangreiche humanitäre Hilfe für die palästinensische Zivilbevölkerung verwiesen. Deutschland gehört hier zu den größten internationalen Geldgebern.

Nach den von Nicaragua beantragten Sofortmaßnahmen soll Berlin auch seine Unterstützung für das UN-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) wieder aufnehmen. Deutschland hatte seine Zahlungen im Januar ausgesetzt, weil Mitarbeitern des UNRWA vorgeworfen worden war, in den Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober verwickelt gewesen zu sein. Nach der Veröffentlichung eines Untersuchungsberichts zu dem UN-Hilfswerk kündigte die Bundesregierung in der vergangenen Woche jedoch die Wiederaufnahme der Zahlungen an.

Deutschland liefere Waffen „nur auf der Grundlage einer sorgfältigen Prüfung, die weit über die Anforderungen des Völkerrechts hinausgeht“, hatte die Leiterin der Rechtsabteilung und Völkerrechtsberaterin des Auswärtigen Amts, Tania von Uslar-Gleichen, Anfang April vor dem IGH gesagt. Die Sicherheit Israels stehe aufgrund der deutschen Geschichte „im Zentrum der deutschen Außenpolitik“.

Buschmann verweist auf Nicaraguas Nähe zu Russland

Einer der Vertreter Nicaraguas, der deutsche Anwalt Daniel Müller, warf Deutschland hingegen vor, einerseits humanitäre Hilfe für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen zu leisten und andererseits „die militärische Ausrüstung zu liefern, die verwendet wird, um sie zu töten“. Der engste Verbündete Israels sind eigentlich die USA – Nicaragua habe aber den IGH gegen Deutschland angerufen, weil die USA das Gericht nicht anerkennen, erklärten die Anwälte des Landes.

Man begrüße den Beschluss des Internationalen Gerichtshofs, teilte das Auswärtige Amt auf der Plattform X mit.: „Niemand steht über dem Recht. Das leitet unser Handeln.“ Ähnlich äußerte sich Justizminister Marco Buschmann. „Deutschland ist keine Konfliktpartei in Nahost – im Gegenteil: Wir setzen uns Tag und Nacht für eine Zweistaaten-Lösung ein“, schrieb das Außenamt. Deutschland sei größter Geber von humanitärer Hilfe für die Palästinenser. Aber „der Terror des 7. Oktober hat diese neue Spirale von Leid erst losgetreten, gegen den sich Israel verteidigen muss“, heißt es weiter. Zudem wird an die mehr als 100 Geiseln in der Hand der Hamas erinnert.

Buschmann bezeichnete es als „rechtlich richtig“, dass der Gerichtshof den Antrag Nicaraguas zurückgewiesen habe. „Zudem muss man wissen, dass sich das Land in den letzten Jahren immer wieder an die Seite Russlands und Chinas gestellt hat“, schrieb der FDP-Politiker auf X. (dpa, Reuters)

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