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Politik: Präsidentschaftswahl in Portugal: Lieber an den Strand

Die Siegesfeier des alten und neuen portugiesischen Präsidenten Jorge Sampaio fiel in der Nacht zum Montag gedämpft aus. Nicht nur, weil kaum Anhänger zu seinem Wahl-Hauptquartier in einem Luxushotel Lissabons gekommen waren.

Die Siegesfeier des alten und neuen portugiesischen Präsidenten Jorge Sampaio fiel in der Nacht zum Montag gedämpft aus. Nicht nur, weil kaum Anhänger zu seinem Wahl-Hauptquartier in einem Luxushotel Lissabons gekommen waren. Sondern vor allem, weil Sampaios Wahlsieg alles andere als ein Triumph war.

Mit 55,8 Prozent der Stimmen, nur gut zwei Prozentpunkte mehr als 1996, blieb er weit hinter dem zurück, was er sich selbst ausgerechnet hatte. Sichtlich enttäuscht war der den Sozialisten (PS) nahe stehende Sampaio auch wegen der Wahlbeteiligung: Gerade einmal 51 Prozent der Wahlberechtigten gingen überhaupt an die Urnen - die niedrigste Quote in der Geschichte des demokratischen Portugals bei einer Präsidenten- oder Parlamentswahl.

"Nicht die Opposition, sondern die Wahlmüdigkeit der Portugiesen ist unser größter Gegner", hatte das Wahl-Team Sampaios die letzten Tage gewarnt: Sie ahnten offenbar, was auf sie zukam: Rund 4,3 Millionen potenzielle Wähler, rund die Hälfte der portugiesischen Wahlberechtigten, gingen am Sonntag lieber an den Strand oder ins Fußballstadion als zu den Urnen. Auf den zu Portugal gehörenden Azoreninseln blieben gar 63 Prozent zu Hause. Hinzu kam der Wahlboykott in rund einem Dutzend portugiesischer Dörfer - Aktionen, mit denen die Bevölkerung gegen eklatante Infrastruktur-Mängel protestierte. Kein Trinkwasser, kein Strom, keine Straßenanbindung, keine Gesundheitsversorgung - das ist im Hinterland Portugals auch an der Schwelle zum dritten Jahrtausend immer noch Wirklichkeit.

Die große Wahlunlust hat vor allem dem unangefochtenen Favoriten Sampaio geschadet, glauben die Wahlforscher. Die Siegessicherheit habe viele seiner potenziellen Anhänger vom Wahlgang abgehalten. Die Statistiker machen zudem eine erstaunliche Negativ-Rechnung auf: Trotz seines Sieges erhielt Sampaio unter dem Strich 600 000 Stimmen weniger als im Jahr 1996.

Ralph Schulze

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