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Westerwelle

© Reuters

Guido Westerwelle: Sei schwul und schweige darüber

Guido Westerwelle meidet das Thema Homosexualität bei seinem Besuch in Saudi-Arabien. In Zeiten der Opposition sprach der FDP-Chef noch von Sanktionen und kündigte an, die Ächtung und Verfolgung von Homosexuellen auch über Deutschlands Grenzen hinaus anzuprangern.

Riad - Sogar der König nahm sich Zeit. So viel, wie keiner erwartet hatte. Fast zwei Stunden lang war am Samstag Guido Westerwelle bei Saudi-Arabiens betagtem Herrscher Abdullah willkommen. Und das in seinem prächtigen Privatpalast, vor den Toren der Hauptstadt Riad, wo Ausländer nur selten hineindürfen. Anschließend war keine Rede mehr davon, dass für den einzigen offen homosexuellen Außenminister der Welt die Türen der Scheichs verschlossen bleiben könnten.

Die freundliche Aufnahme war keine Selbstverständlichkeit: Immer noch müssen Schwule in Saudi-Arabien mit der Todesstrafe rechnen, auch wenn es deshalb schon seit Jahren keine Hinrichtungen mehr gegeben hat. Amnesty International berichtete erst kürzlich wieder davon, dass zwei homosexuelle Saudis zu je 7000 Peitschenhieben verurteilt wurden. Zu Oppositionszeiten hatte Westerwelle noch angekündigt, bei einem Wahlerfolg die Ächtung und Verfolgung von Homosexuellen auch über Deutschlands Grenzen hinaus anzuprangern und ließ durchblicken, man könne Entwicklungshilfe für Länder streichen, die Männer und Frauen nicht gleich behandelten oder Homosexuelle verfolgten.

Diese Drohung war in Saudi-Arabien – mit seinen gigantischen Ölreserven eines der reichsten Länder der Welt – kein Thema. Aber auch sonst mied Westerwelle den Eklat. Einfach schweigen ging aber ebenfalls nicht. Also bettete er das Thema bei der offiziellen Pressekonferenz mit dem Ministerkollegen Prinz Saud al-Faisal in eine Bemerkung über die Menschenrechte allgemein ein. Der Prinz entgegnete nur, dass es „unterschiedliche Wertesysteme“ gebe. Dann ging es wieder um wichtigere Fragen wie den Frieden im Nahen Osten, wo die Saudis eine Schlüsselrolle einnehmen, den Atomkonflikt mit dem Iran und die Entwicklung im Jemen, um den sich die Staatengemeinschaft immer größere Sorgen macht.

Westerwelle wurde aber nicht nur vom Kollegen und vom König, sondern auch von konservativen Mitgliedern des Königshauses mit orientalischer Gastfreundlichkeit empfangen. Selbst der ebenso sittenstrenge wie einflussreiche Gouverneur von Riad, Prinz Salman bin Abdulasis, ging herzlich mit ihm um. Vielleicht mag auch die Neugier ein wenig größer gewesen sein als sonst.

Offen angesprochen wurde das Thema Homosexualität allerdings während des ganzen Tages nie – nach Auskunft aus dem Auswärtigen Amt nicht einmal hinter verschlossenen Türen. Und auch am Abend nicht, als das saudische Staatsfernsehen über den Besuch berichtete. Ein Außenminister, der mit einem Mann zusammenlebt und daraus kein Geheimnis macht? Davon wissen – mit Ausnahme der Scheichs – die 28 Millionen Menschen in Saudi-Arabien auch nach diesem Besuch offiziell nichts. Christoph Sator (dpa)

Christoph Sator (dpa)

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