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Unterschiedliche Ansichten in der Außenpolitik: Annalena Baerbock und Olaf Scholz.

© Kay Nietfeld/dpa

Ein Boykott, der nicht so heißen darf: Wie Omikron der Ampel in der heiklen Olympia-Frage hilft

„Wir beobachten eine sich verschlechternde Menschenrechtslage in China“, betont das Auswärtige Amt. Zu Olympia in Peking reisen keine hochrangigen Politiker.

Eine Anweisung, dass kein deutscher Politiker nach Peking reisen soll, wird Olaf Scholz nicht erlassen. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Regierungskreisen. Der Kanzler will keinen offiziellen diplomatischen Boykott der Olympischen Winderspiele im Februar, aber letztlich helfen ihm in der heikle Frage auch die neuen Reiserisiken durch die Omikron-Variante. Das Thema zeigt, wie schwer es gerade die Grünen haben, ihr Ziel einer stärker wertegeleiteten Außenpolitik um- und durchzusetzen.

Es gehört zum Charakter der Scholzschen Regierungspolitik, dass er Fakten schafft, ohne Machtworte sprechen zu müssen. So verweist er in der Frage eines diplomatischen Boykotts, wie ihn die USA als erste große Nation angekündigt hatten, seit Wochen auf eine möglichst gemeinsame Linie der EU-Staaten.

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Blick auf die mit Kunstschnee beschneiten Skipisten für Olympia 2022.

© imago images/Xinhua

Da aber unter anderem der französische Präsident Emmanuel Macron nichts von einem Verprellen der Wirtschaftsmacht China durch so eine Maßnahme hält und auch andere EU-Staaten angekündigt haben, politische Vertreter zu schicken, wird die deutsche Linie darauf hinauslaufen, dass es keine festen Vorgaben geben wird, aber Deutschland zugleich nicht mit hochrangigen politischen Vertretern in Peking - etwa bei der Eröffnungsfeier - vertreten sein wird.

Scholz hatte ohnehin keinen Olympia-Besuch geplant, Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat das für sich zuletzt auch ausgeschlossen. Auch die für den Sport zuständige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat schon aus Pandemiegründen für sich entschieden, nicht selbst nach Peking zu reisen.

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Menschen mit Gesichtsmasken posieren mit China-Fahnen vor dem Olympiastadion in Peking.

© picture alliance/dpa/kyodo

Im Auswärtigen Amt fallen klare Töne zur Lage in China

Offiziell betont der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Andreas Michaelis, auf Anfrage des menschenrechtspolitischen Sprechers der Unions-Fraktion, Michael Brand (CDU): „Eine mögliche Präsenz von Vertreterinnen und Vertretern der Bundesregierung bei den Olympischen Winterspielen in Peking 2022 wird derzeit innerhalb der Bundesregierung abgestimmt.“ Sie berate sich hierzu auch weiter mit ihren europäischen Partnern.

Dem Tagesspiegel liegt die Antwort vor. Dort wird mit ungewohnt deutlichen Worten zugleich betont: „Wir beobachten derzeit eine besorgniserregende und sich verschlechternde Menschenrechtslage in der Volksrepublik China“.

Unabhängig von der Frage der Teilnahme offizieller Vertreterinnen und Vertreter an den Olympischen Winterspielen behalte sich die Bundesregierung vor, auch weiterhin bilateral und multilateral Kritik zu üben.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Michael Brand, ist für einen diplomatischen Boykott.

© picture alliance / dpa

CDU-Politiker pocht auf politischen Boykott

Für Michael Brand ist das zu wenig. Er hatte gegenüber dem Tagesspiegel für den diplomatischen Boykott plädiert, westliche Politiker dürften sich nicht als „Propaganda-Puppen für das kommunistische Regime missbrauchen lassen“. Die Ampel-Koalition dürfe nicht die Menschenrechte verkaufen, weil China großer Markt ist, das sei „nicht nur ein Verrat an den eigenen Grundsätzen, sondern auch politisch riskant, denn die kommunistische Führung in China hat ein aggressives Programm, das nichts weniger als die Hegemonie in Politik, Wirtschaft und sogar Militär anstrebt“.  

Wie hält die Ampel es mit der Fußball-WM in Katar?

Bei den Winterspielen kann die neue Omikron-Variante gut für Reiseabsagen ins Feld geführt werden – aber den Ampel-Parteien schwant bereits, dass sich die aktuellen Fragen schon im Winter noch einmal ganz anders stellen könnten, bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Denn bei WM-Spielen der Nationalmannschaft waren auch immer wieder hochrangige Vertreter bis hin zum Kanzler oder zur Kanzlerin auf der Tribüne vor Ort dabei.

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