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Ministerin Ursula Nonnemacher (m) und Beiratschefin Sarah Häseler (r)

© Thorsten Metzner

Brandenburgs Familienbeirat fordert Sozialticket : Forderungskatalog an Kenia-Regierung wegen Teuerungskrise

Teurere Lebensmittel und hohe Energiepreise treffen Familien besonders hart. Brandenburgs Familienbeirat hat zehn Ratschläge für die Regierung, was getan werden sollte.

Brandenburgs Familienbeirat drängt, von Armut betroffene oder bedrohte Familien im Land auch angesichts der drastisch gestiegenen Preise für Lebensmittel und Energie wirksamer als bisher zu unterstützen. Das unabhängige Beratungsgremium hat Familienministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Donnerstag zehn „Handlungsempfehlungen“ an die Landesregierung übergeben. Gefordert werden etwa ein 9-Euro-Sozialticket und ein 29-Euro-Ticket für Studierende und Azubis im Verkehrsverbund der Hauptstadtregion (VBB).

Außerdem hält der Beirat angesichts drohender hoher Nebenkostennachzahlungen ein Miet- und Kündigungsmoratorium bei allen kommunalen und landeseigenen Wohnungsanbietern (auch den Studierendenwerken) sowie einen dauerhaften Härtefallfonds auf Landesebene für nötig, „der kurzfristig entstandene Notlagen kompensieren kann.“

„Wir nehmen die Empfehlungen sehr ernst, wir greifen sie auf“, versicherte Nonnemacher. „Wir versuchen, in den Haushaltsverhandlungen dafür nötige Ressourcen zu erstreiten.“

Und Sarah Häseler, Vorsitzende des Familienbeirats und Wissenschaftlerin an der Katholischen Sozialhochschule Berlin, erklärte: „Wir müssen die Ängste von Familien ernst nehmen. Die Krisen haben offengelegt, was in Bezug auf die Unterstützung von Familien schon lange im Argen liegt.“

Wir nehmen die Empfehlungen sehr ernst, wir greifen sie auf.

Ursula Nonnemacher (Grüne), Brandenburgs Familienministerin

Deshalb hat der Beirat nun insgesamt zehn „Handlungsempfehlungen an die Landesregierung zur nachhaltigen Bewältigung der ökonomischen Auswirkungen von Krisen an Familien“ vorgelegt, ein sperriger Titel, eine Art zehn Gebote, was die Politik für ärmere Familien tun sollte.

Einige betreffen den Bund, wie etwa Plädoyers für eine automatisierte Dynamisierung der Regelsätze im Sozialgesetzbuch II entsprechend der Preisentwicklungen oder nach einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung, worauf sich die Ampel-Koalition nach heftigen Konflikten ja jetzt einigte. Doch auch auf Landesebene, mit den Möglichkeiten Brandenburgs, könnte und müsste nach Auffassung des Gremiums mehr passieren.

Beratungsnetz nicht dicht genug

Empfohlen wird auch, die bisher nicht flächendeckenden Beratungsstrukturen im Land auszubauen, also Familienzentren, Mehrgenerationenhäuser, Pflegestützpunkte. Laut Nonnemacher ist der Etat dafür von vorher 600.000 Euro mit dem Haushalt 2023/20024 bereits auf 2,6 Millionen Euro jährlich aufgestockt worden. Derzeit werde eine „rollende Beratung“ für die Fläche vorbereitet, sagte die Ministerin. „Wir wollen das Netz dichter knüpfen.“ Der Bedarf sei da, so würden Wohlfahrtsverbände wie Arbeiterwohlfahrt und Caritas melden, dass sich seit 2020 die Zahl der Hilfssuchenden deutlich erhöht habe, hieß es.

Denn trotz der Hilfspakete von Bund und Land haben mit dem starken Anstieg der Verbraucherpreise - insbesondere der Lebensmittel - und dem Rückgang der Reallöhne finanzschwache Familien besonders zu kämpfen. So seien Alleinerziehende und Paarfamilien mit drei oder mehr Kindern in Brandenburg weit überdurchschnittlich häufig von Armut betroffen oder gefährdet, heißt es in dem Papier. „Viele Alleinerziehende und Familien mit kleinen Einkommen wissen nur, dass sie kein Geld haben werden, um die steigenden Kosten zu bewältigen“, so der Beirat.

Kenia berief Beirat 2021

Dem Gremium unter Doppel-Vorsitz von Häseler und des auch durch die Brandenburger Langzeit-Jugendstudie bekannten Forschers Dieter Sturzbecher gehören 16 ExpertInnen aus Wissenschaft, Kirchen, Kommunen, Kirchen, Ministerien und Vereinen an. Der Beirat war 2021 von der Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Grünen wiederbelebt worden, nachdem der frühere Familienbeirat 2014 nach zehnjähriger Tätigkeit nicht weitergeführt worden war.

Die aktuell politisch diskutierte Einführung eines kostenlosen Schulessens, wofür die Linke-Opposition im Land nach Abstimmungsniederlagen im Landtag gerade eine Volksinitiative vorbereitet, gehört - bislang - nicht zu den Forderungen des Familienbeirats. Als Grund nannte Häseler auf Nachfrage, dass das in die Zuständigkeit des Bildungsministeriums liegen würde, man sich vorrangig um Themen aus dem Bereich des Sozialministeriums gekümmert habe. Für November 2023 kündigte Nonnemacher einen „Familienbericht“ für das Land Brandenburg an, in den auch die Empfehlungen des Beirats einfließen sollen.

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