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Brandenburg: Der Kampf ums Wegerecht im Wald

Reiter sollen bald auf allen Wegen traben, Radler fürchten, dort dann nicht mehr fahren zu können

Reiter sollen bald auf allen Wegen traben, Radler fürchten, dort dann nicht mehr fahren zu können Von Claus-Dieter Steyer Oranienburg. Beim Blick aus dem Fenster mag heute jeder Gedanke an eine schöne Radpartie in weite Ferne gerückt scheinen. Doch wenn sich spätestens in einem Vierteljahr wieder Tausende Ausflügler auf ihre Fahrräder schwingen, könnten sie auf vielen Wegen ganz neue Verhältnisse vorfinden. Denn wird bis dahin – wie geplant – das veränderte Waldgesetz verabschiedet, könnten ihnen Reiter in die Quere kommen. Für die nämlich gibt es dann keine Verbote mehr. Ihnen stehen dann alle Strecken im Wald offen – auch die ausgewiesen Rad- und Wanderwege. Nur eine einzige Bedingung haben diese laut Gesetzentwurf zu erfüllen: sie müssen für zweispurige Fahrzeuge passierbar sein. So könnten sich Radfahrer, Wanderer und Reiter problemlos begegnen. Während sich die Pferdefreunde damit am Ziel sehen, wittern die Radfahrer höchste Gefahren für ihr Hobby. „Wo einmal ein Reiter mit seinem Pferd entlang geritten ist, haben Radler und Wanderer auf den meisten lockeren Waldwegen kaum noch eine Chance“, sagt Hartmut Warlich vom Brandenburger Landesverband des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). „Da muss schweres Gerät kommen, um die von den Hufen aufgewühlte Oberfläche wieder zu planieren.“ Sonst seien die Radler gezwungen abzusteigen und ihr Fahrrad zu schieben. Der Fahrradclub würde deshalb am liebsten die bisherige Regelung beibehalten: Reiten ist nur auf durch Schilder ausdrücklich erlaubten Strecken erlaubt; Rad- und Wanderwege dagegen sind für Ross und Reiter gesperrt. Doch genau dagegen kämpfte der Verband der Freizeitreiter und -fahrer. Die 16000 Mitglieder sammelten vor zwei Jahren 30000 Unterschriften für bessere Reitmöglichkeiten in Wald und Flur. Agrarminister Wolfgang Birthler (SPD) schlug sich auf ihre Seite und spricht vom „Wirtschaftsfaktor Pferd im ländlichen Raum“. Vier Pferde würden einen Arbeitsplatz schaffen – deshalb sei dieser Sport im Land eine Zukunftsbranche. Auch der Landestourismusverband jedoch lehnt eine völlige Freigabe aller Wege für die Reiter ab. „Sie machen im Vergleich zu den Radfahrern doch nur eine Minderheit aus, vielleicht im Verhältnis 1:10“, argumentiert Geschäftsführer Raimund Jennert. Er verwies auf eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer Potsdam, wonach 70 Prozent aller Hotels und Gaststätten im Land von den Radlern profitieren. Die vielen Pferdehöfe gerade im Berliner Umland brauchten lediglich mehr Reitwege in ihrer Umgebung – aber keine unbegrenzte Freiheit. Bis zur Verabschiedung des neuen Gesetzes finden noch mehrere Anhörungen statt. Der Agrarexperte in der CDU-Landtagsfraktion, Dieter Helm, hofft dabei auf einen Kompromiss. „Die Kommunen müssen eine Mitspracherecht bei der Ausweisung der Wege erhalten“, sagt er. Für ihn konzentrieren sich die Konflikte ohnehin nur auf das Berliner Umland. „Bei uns in der Prignitz und in anderen einsamen Gegenden kommen sich Reiter und Radfahrer nur sehr selten ins Gehege.“ Dem stimmt der Chef des Arbeitskreises Umwelt in der SPD-Landtagsfraktion, Reinhold Dellmann, zu. „Man müsste die bisherige Trennung von Rad- und Reitwegen im Berliner Umland eigentlich beibehalten. Da das nicht geht, muss es einfach weiterhin Reitverbote für bestimmte Strecken geben.

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