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Brandenburg: Liberale erkunden die Hauptstadt der DDR

FDP-Parlamentarier besichtigten Stätten der SED-Diktatur: Erschüttert über den fortgeschrittenen Verfall

FDP-Parlamentarier besichtigten Stätten der SED-Diktatur: Erschüttert über den fortgeschrittenen Verfall Berlin - Mit ihrer privaten Mauer-Gedenkstätte am Checkpoint Charlie hat sich Alexandra Hildebrandt unter Berliner Landespolitikern wenig Freunde gemacht. Doch eines ist der Chefin des Mauermuseums an der Grenze zwischen Berlin Mitte und Kreuzberg gelungen: Die umstrittene Installation mit den schwarzen Holzkreuzen zum Gedenken an die Opfer der Teilung hat die Diskussion über die Art und Weise, wie Berlin die Erinnerung an die zweite deutsche Diktatur wach halten sollte, in Schwung gebracht und setzt den Senat unter Zugzwang, sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, was mit den Hinterlassenschaften des SED-Terrors geschehen soll. Und es gibt viel zu tun. Das erfuhr gestern auch eine Gruppe von FDP-Parlamentariern aus Bundestag und Berliner Abgeordnetenhaus, die sich im so genannten Haus der Einheit an der Ecke Torstraße 1/Prenzlauer Allee umschauten. Die Liberalen hatten sich zu einer Stadtrundfahrt aufgemacht, um Stätten der Opfer und der Täter der SED-Diktatur zu besichtigen – und bekamen in dem 1928 als Kaufhaus Jonas erbauten Eckgebäude einen Schock. Hinter der futuristischen Fassade des zwischen 1946 und 1956 als Sitz des Zentralkomitees der SED genutzten Hauses sei die „harte stalinistische Terrorpolitik gegen das eigene Volk“ ersonnen worden, erklärte der Leiter der Gedenkstätte im ehemaligen Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, den Besuchern. „Hier haben Ulbricht, Pieck, Grotewohl und Co. schreckliche Verbrechen an Oppositionellen geplant und durchgesetzt.“ Der Name des Hauses sei ein Hohn, denn von hier fegten die SED-Vorderen mit eisernem Besen durch die frühe DDR. Politische Abweichler wurden hier zum Tode verurteilt, bevor die Schauprozesse eröffnet wurden, und auch den Rachefeldzug gegen die Aufständischen des 17. Juni 1953 organisierte die Parteizentrale. Die Kollektivierung der Landwirtschaft, die Enteignung der Betriebe, die ideologische Gleichschaltung und die totale Überwachung der Bürger, die von der Staatssicherheit als verlängertem Arm der Partei brutal umgesetzt wurde, all diese Repressionen hatten hier ihren Ursprung, berichtete Knabe. Heute kommt in den leeren, verstaubten Räumen, bis 1990 Sitz des SED-Instituts für Marxismus-Leninismus, nur noch Grusel auf. Im runden Sitzungssaal des Politbüros sind Schränke aufgerissen, Akten quellen heraus Es sieht aus, als sei seit 15 Jahren niemand hier gewesen. Martin Lindner, Chef der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, war darauf nicht gefasst. „Wir stehen hier an einem geschichtlich hoch bedeutsamen und schwer belasteten Ort, der nicht weiter verrotten darf. Dass unten vor der Tür zwei SED-Größen – Pieck und Grotewohl – durch Bronzetafeln aus DDR-Zeiten geehrt werden und der Senat nicht wenigstens mit einer Gedenktafel an die wirklichen Geschehnisse erinnert, ist ein Skandal.“ Sollte das in jüdischem Besitz befindliche, nach 1946 von den Kommunisten requirierte und heute denkmalgeschützte Gebäude einer neuen Nutzung zugeführt werden, müsse überlegt werden, wie man die Spuren der Vergangenheit dokumentiert und rettet. Die von den Parlamentariern gesammelten Eindrücke würden Mitte Februar bei einer Anhörung im Bundestag vorgetragen, versprach Lindner. Dabei werde auch das „Haus der Einheit“ eine Rolle spielen.

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