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Brandenburg: Nachhilfe für Sarrazin

Neuer Ärger: Finanzsenator nennt Brandenburg „Berlins angeschlossene landwirtschaftliche Fläche“

Neuer Ärger: Finanzsenator nennt Brandenburg „Berlins angeschlossene landwirtschaftliche Fläche“ Potsdam - Eine Äußerung von Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) zur Länderfusion hat in Brandenburg über die Parteigrenzen hinweg zu scharfen Protesten geführt. Vor der Enquetekommission des Abgeordnetenhauses hatte Sarrazin am Freitag wörtlich erklärt: „Das vereinte Land ist natürlich immer eine Stadt Berlin mit angeschlossener landwirtschaftlicher Fläche.“ Brandenburgs Politiker werteten das Zitat unisono „als Ausdruck einer unerträglichen Berliner Arroganz“. „Sie erschwert die Zusammenarbeit und macht jede Fusion kaputt“, erklärte Vize-Regierungschef und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Finanzminister Rainer Speer (SPD) warnte: Die psychologische Wirkung solcher Äußerungen sei „verheerend und bestätige die Vorurteile gegenüber Berlin“. Anstatt den Brandenburgern die Ängste vor einer Fusion mit Berlin zu nehmen, mache Sarrazin das Gegenteil. Regierungskreise reagierten auch deshalb verärgert, weil man sich „gerade mit Berlin auf einen neuen Fusionsfahrplan verständigt“ habe. Ursprünglich habe man das nicht für sinnvoll gehalten, aber schließlich dem Berliner Drängen nachgegeben, hieß es. Die Brandenburger Koalition will jetzt, wie Ministerpräsident Matthias Platzeck betonte, zielstrebig darauf hinarbeiten, dass die Volksabstimmung in fünf Jahren – am Tage der Bundestagswahl 2010 – stattfinden kann. Aber in Berlin habe man offenbar noch nicht begriffen, dass man dort wesentlich zum Stimmungswandel beitragen müsse, meint man in Regierungskreisen. Auch für Brandenburgs SPD-Fraktionschef Gunter Baaske steht fest, dass Sarrazin, bevor es zur Fusion kommen kann, Nachhilfe braucht: Er glaube anscheinend, dass Brandenburg Pampa sei. Baaske: „Wir haben mit hochmodernen Industriebetrieben und einer anerkannten Wissenschaft wesentlich mehr zu bieten als Ackerflächen.“ Sarrazins Äußerungen ordneten sich ein in bekannte Berliner Überheblichkeiten wie den jahrelangen Widerstand gegen ein gemeinsames Finanzgericht in Cottbus, dass man wegen der angeblich „weiten Wege“ den Beamten nicht zumuten wollte. Der brandenburgische PDS-Oppositionspolitiker Lothar Bisky zeigte sich „überrascht, dass Sarrazin nun in die Fußstapfen von Klaus Landowsky tritt“. Der einstige Berliner CDU-Fraktionschef hatte Brandenburg vor der letzten gescheiterten Fusionsabstimmung 1996 öffentlich als „sozialistische Wärmestube“ diffamiert. Es fehle nur noch, so Bisky, dass Sarrazin die Forderung aufmache, die Brandenburger dürften bei einer Fusion „ihre Kühe nicht mitbringen“. Berlins Finanzverwaltung war gestern bemüht, die Wogen zu glätten. Sprecher Matthias Kolbeck bestritt den amtlich protokollierten „etwas flapsigen Satz“ zwar nicht. Doch wies er darauf hin, dass er im Zusammenhang mit der Bevölkerungsabwanderung gefallen sei und sich „auch nicht gegen die Brandenburger“ richte. Im Übrigen habe Sarrazin vor der Kommission „auch für Brandenburg positive Dinge gesagt“, sagte Kolbeck. So wolle Sarrazin, dass das gemeinsame Land nur Brandenburg heißen und Berlin im Namen nicht auftauchen solle.

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