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Brandenburg: Polizei hält die meisten Wettbüros für illegal

Aber Staatsanwälte scheuen aufwändige Ermittlungsverfahren

Aber Staatsanwälte scheuen aufwändige Ermittlungsverfahren Berlin - Die Läden findet man an jeder Ecke in Berlin, und es gibt kaum ein Sportereignis, auf dessen Ausgang man hier nicht wetten könnte: Handball in China, Basketball in Rumänien,Trabrennen in Russland, Autorennen in Australien. Man kann wetten, wann in türkischen Oberligaspielen eine gelbe Karte gezeigt wird oder sich der erste Spieler verletzt. Kleiner Schönheitsfehler nur: „Bei den meisten Wettbüros in der Stadt handelt es sich eindeutig um unerlaubtes Glücksspiel“, heißt es beim Landeskriminalamt (LKA) Berlin. Einzig die Deutsche Klassenlotterie habe die Genehmigung, Sportwetten anzubieten. Nach Schätzung der Polizei gibt es damit allein in Berlin „rund 80“ illegale Wettbüros. Die Betreiber geben sich keine Mühe, ihr Geschäft geheim zu halten: „Sportwetten“ steht in bunten Buchstaben beispielsweise über einem Laden an der Potsdamer Straße, „Wettzentrale“ an der Bülowstraße. Die Polizei hat sich offenbar damit abgefunden, dass die meisten Inhaber der privaten Wettbüros in aller Öffentlichkeit eine Straftat begehen. Mehr als die Erkenntnisse über die illegalen Wettbüros an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten, könne man nicht tun, heißt es beim LKA. „Dass nichts passiert, liegt an der Staatsanwaltschaft.“ Die wiederum ist ebenfalls alles andere als glücklich über das blühende Wettgeschäft in der Stadt. „Auch wir stehen auf dem Standpunkt: Die meisten Büros sind illegal“, sagt Oberstaatsanwalt Bernd Wolke. Trotzdem seien in der Vergangenheit „nur wenige Anklagen“ gegen die Betreiber erhoben worden. Denn obwohl sich Ermittler und Staatsanwaltschaft einig sind, gilt das Thema unter Juristen als umstritten. Und so fallen auch die Gerichtsurteile unterschiedlich aus: Die einen vertreten – wie Polizei und Ankläger – den Standpunkt, dass bereits die Vermittlung einer Sportwette den Tatbestand des illegalen Glücksspiels erfüllt, die privaten Wettbüros also illegal sind. Andere Gerichte kamen hingegen zum Schluss, dass nur die Veranstaltung der Wette gegen deutsche Gesetze verstößt. Die Veranstalter aber sitzen im Ausland, für die deutsche Justiz nicht greifbar. Für die Staatsanwälte bedeutet das: viel Arbeit mit ungewissem Ausgang, was ihre Anklagefreudigkeit nicht gerade befördert. Tatsächlich wartet die Justiz bundesweit darauf, dass von den obersten Gerichten ein Grundsatzurteil gefällt wird. Zumindest das Bundesverwaltungsgericht hat angekündigt, noch 2005 ein Urteil zur Gewerbefreiheit bei Sportwetten sprechen zu wollen. Alle wissen es, keinem der Strafverfolger gefällt es – doch getan wird gegen die Wettbüros wenig. In Berlin ist die Senatsverwaltung für Finanzen für die Genehmigung und Kontrolle von Glücksspiel zuständig. „Wir arbeiten eng mit Staatsanwaltschaft und Polizei zusammen“, sagt deren Sprecher Matthias Kolbeck. Die Zahlen der Polizei konnte er gestern nicht bestätigen. Aber: „Wir bemühen uns, dem Missstand im rechtlich möglichen Maß Einhalt zu gebieten.“ Katja Füchsel

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