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Garnisonkirche in Potsdam: Aktivist verabschiedet sich vom Projekt

Der Nagelkreuz-Aktivist Paul Oestreicher zieht sich aus dem Projekt Garnisonkirche zurück. Ursache dafür ist nicht nur die lang anhaltende Diskussion um die Kirche.

Coventry/Potsdam - Der Nagelkreuz-Aktivist Paul Oestreicher zieht sich aus der Diskussion um das Projekt Garnisonkirche zurück. Er wolle die intensive Beschäftigung mit der Zukunft der Garnisonkirche beenden, kündigt der 83-Jährige unter Verweis auf sein Alter in einem Schreiben an seine Mitstreiter an. Er glaube nach wie vor an die von ihm 2001 ins Spiel gebrachte Idee eines Friedens- und Versöhnungszentrums. Gleichzeitig zieht er kritische Bilanz der Arbeit der Garnisonkirchenstiftung und der Fördergesellschaft: Von „der Absicht, etwas völlig Neues zu gestalten“, sei in den vergangenen zehn Jahren „nur wenig zu spüren“ gewesen. Zwar gehe es nicht mehr um eine „Militärkirche“, dafür nun aber in erster Linie um eine „kulturelle städtische Restauration“, kritisiert Oestreicher: „Nur noch ganz am Rande schienen Frieden und Versöhnung im Spiel zu sein.“

Vorbehalte der Gegner seien berechtigt

Erst durch die Projektgegner sei „frischer Wind in die Segel“ gekommen, schreibt Oestreicher: „Die Gegner haben nicht umsonst agiert.“ Die aktuelle Debatte werde zum Segen werden, „aber nur, wenn sie respektvoll geführt wird“. Er selbst habe hohen Respekt für die Gegner, ihre Vorbehalte seien berechtigt. „Wäre mein Sitz im Leben ein anderer, könnte ich wahrscheinlich, ohne mir untreu zu sein, zur Opposition gehören.“

Oestreicher wünscht sich für die Zukunft einen „runden Tisch, intelligent und fair moderiert, wo alle aufeinander hören und niemand um Sieg ringt“. Er selbst befürworte den von Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe gemachten Kompromissvorschlag, nur den Turm als Versöhnungszentrum wiederzuerrichten. „Das Kirchenschiff mit all seinen Assoziationen und seiner Symbolik bliebe dann nur noch eine Erinnerung, als Zeichen des nötigen Bruchs mit der Vergangenheit.“ Auf eine solche Lösung könnten sich Stiftung und Gegner einigen. Der Nagelkreuz-Aktivist Paul Oestreicher spricht sich für eine faire und geduldige Diskussion um den Wiederaufbau der ehemaligen Garnisonkirche aus. In einem Brief an seine Mitstreiter schreibt er, dass er sich weiterhin lebendige Gespräche zu dem Thema wünsche. „Ich wage zu sagen, die gegenwärtige Debatte wird zum Segen werden“, so Oestreicher. „Aber nur dann, wenn sie respektvoll geführt wird.“

„Ich habe zwar Partei ergriffen, aber mit hohem Respekt für die Gegner“, so schreibt er. „Wäre mein Sitz im Leben ein anderer, könnte ich wahrscheinlich, ohne mir untreu zu sein, zur Opposition gehören.“ Dabei betont er, dass Opposition und Feindschaft grundverschiedene Dinge seien, deren Unterscheidung bei der gelegentlichen Schärfe der Auseinandersetzung und den verhärteten Positionen nicht aus dem Blick geraten sollte.

Nötiger Bruch mit der Vergangenheit

Der frühere Domkapitular und Leiter des Versöhnungszentrum in Coventry ist seit 2001 in die Potsdamer Diskussionen eingebunden und ist ein Befürworter des Vorschlages von Manfred Stolpe, nur den Turm der Kirche als Friedens- und Versöhnungszentrum wieder aufzubauen. „Das Kirchenschiff der Garnisonkirche mit all seinen Assoziationen und seiner Symbolik bliebe dann nur noch eine Erinnerung, als Zeichen des nötigen Bruchs mit der Vergangenheit“, so Oestreicher. Auch sein Nachfolger, Dekan John Witcombe, hatte 2014 in Potsdam betont, dass die Brüche der Geschichte an der neuen Garnisonkirche „von innen und außen“ sichtbar werden müssten.

Mit 84 Jahren zieht er sich nun aus seinem Engagement zurück und siedelt mit seiner Frau für längere Zeit nach Neuseeland über – seine zweite Heimat wie er sagt. Für Gespräche bleibe er stets bereit, wenn auch aus der Ferne. „Ich vertraue darauf, dass ihr gemeinsam einen guten Schluss findet“, so schließt Oestreicher seinen Brief. „Dass wir mitdenken und mitsprechen durften, hat uns in vieler Hinsicht bereichert.“

Die Diskussion um den Wiederaufbau beschäftigt die Stadt seit Jahren. Gegner stören sich vor allem an der Rolle der Kirche beim von den Nazis inszenierten „Tag von Potsdam“ 1933.
Die Gegner hatten 2013 mehr als 14 000 Stimmen für ein Bürgerbegehren gesammelt. Der Berliner Architekt Frank Augustin schlug zuletzt einen Gerüstbau als Kompromiss vor. (mit Sarah Kugler)

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