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Landeshauptstadt: Besucherdienst für Babys

Jugendamt plant Hausbesuche bei Säuglingen: „Unverdächtige Kontrollinstanz“

Bepackt mit Geschenken werden künftig die Mitarbeiter des Jugendamtes jeden Neugeborenen in seinen ersten Lebenstagen zu Hause besuchen. Mit dem Besucherdienst für Babys wolle man den persönlichen Kontakt von Geburt an suchen, er sei aber auch eine „unverdächtige Kontrollinstanz“, erklärte die Sozialbeigeordnete Elona Müller im Jugendhilfeausschuss am Donnerstag.

Geplant sei, den jährlich 1500 Neugeborenen im Jahr einen angemeldeten Besuch abzustatten, erklärte Jugendamtsleiter Norbert Schweers. Neben Babypflegeartikeln erhielten Mütter und Väter auch eine „Willkommen in Potsdam“-Mappe mit allen wichtigen Adressen und Rufnummern. Die junge Familie verbinde mit dem Amtsbesuch auch ein Gesicht. Sollte es einmal Probleme geben,würden die Hilfesuchenden dann auch auf diese Person zurückgreifen, hofft Schweers. Das sei allemal besser, als einfach eine Infobroschüre in den Briefkasten zustecken, sagt der Amtsleiter.

Mit der sanften Kontrollform reagiere man auch auf die jüngsten bekannt gewordenen Fälle von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung. Allerdings habe man sich von den Ereignissen nicht antreiben lassen „und schnell etwas hingebastelt“, wie Schweers sagte. Vielmehr habe man in aller Ruhe auch in Gesprächen mit Amtskollegen im Land für Potsdam ein Konzept entwickelt, das in zwei, drei Monaten vorgestellt werde und in diesem Jahr noch greifen solle.

Hans Leitner, Leiter der Fachstelle Kinderschutz, der im Ausschuss von seiner Tätigkeit berichtete, begrüßte ausdrücklich das Potsdamer Vorhaben. Die von der Landesregierung in freier Trägerschaft der Start gGmbH eingerichtete Fachstelle untersuche anhand staatsanwaltlicher Akten Fälle von Kindstötung im Land Brandenburg. Dabei werde der Fokus nicht auf die strafrechtliche Ermittlung gelegt. Vielmehr interessiere die Kette der Ereignisse, die zu Misshandlung, Missbrauch, Vernachlässigung und schließlich zum Tod führten. Auf Grundlage der Analyse würden Handlungsempfehlungen für Jugendämter, aber auch Kitas, Schulen und Kinderärzte formuliert, so Leitner. Bei den bisher elf untersuchten Fällen seien die betroffenen Kinder in der Mehrzahl zwischen null und sechs Monate alt gewesen und über einen längeren Zeitraum oder zumindest systematisch malträtiert worden. Die Leichen der Säuglinge hätten mehrere Wunden und Verletzungen aufgewiesen, schilderte Leitner. Die Quälereien seien Folge von Überforderung oder Problemen in der Partnerschaft. „In solchen Fällen hilft keine einfache Begleitung, es bedarf einer Kontrolle. Die Erziehungsberechtigten müssen Druck spüren “, macht der Leiter der Fachstelle deutlich. Die von Potsdams Jugendamt geplanten Hausbesuche bei jungen Familien seien ein solches Mittel, aber auch Pflichtuntersuchungen, die beispielsweise an Leistungen gekoppelt sei. „Wer mit seinem Kind nicht zum Arzt geht, erhält kein Kindergeld“, erläuterte Leitner. Er riet außerdem der Verwaltung, sich bei der Finanzierung des Besucherdienstes um Drittmittelförderung zu bemühen. Auch solle sich die Stadt als Werbeträger verstehen und bei Herstellern von Babyprodukten um Sponsoring bemühen. Dies helfe bei der kostensparenden Umsetzung der Idee zum Kinderschutz.

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