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Homepage: Lockere Kleidung Bei den Potsdamer Polarforschern wurde es mild

POST AUS DEM EIS Potsdamer Polarforscher arbeiten das ganze Jahr über in der Koldewey-Station auf Spitzbergen, auch in der dunklen und kalten Zeit der Polarnacht. Wie kommen sie zurecht mit der Einsamkeit, der Kälte, den Monaten ohne Tageslicht?

POST AUS DEM EIS Potsdamer Polarforscher arbeiten das ganze Jahr über in der Koldewey-Station auf Spitzbergen, auch in der dunklen und kalten Zeit der Polarnacht. Wie kommen sie zurecht mit der Einsamkeit, der Kälte, den Monaten ohne Tageslicht? Den PNN schicken sie regelmäßig eine Botschaft aus dem Eis. 5. bis 12. Januar: Irgendwie mochte ich meinen Augen kaum trauen, als ich Anfang der Woche auf das Thermometer schaute und es mir zwei Plusgrade anzeigte. In der Arktis erwartet man im Januar doch eher kältere Temperaturen. Durch den Einfluss des Golfstromes jedoch ist dies milde Wetter kein Hinweis auf eine bevorstehende Klimakatastrophe sondern durchaus normal. Ist man, wie wir seit Wochen an Temperaturen zwischen -20 und -30°C gewöhnt, so fühlt es sich für uns um den Gefrierpunkt schon fast sommerlich an. Man wird mit der Kleidung wieder lockerer: die Mütze wird auf dem Weg zur Kantine nicht mehr ganz so tief ins Gesicht und der Schal nicht ganz so fest gezogen und für den kurzen Weg zur Sporthalle reicht auch eben eine dicke Jacke über T-Shirt und Sporthose. Mit den milden Temperaturen kamen auch die Wolken und der erste Schnee seit Wochen. In dicken Flocken fiel er tagelang auf unsere arktische Heimat und verwehrte uns den freien Blick in den Himmel. Sowohl das Lidar, ein Laser-Radar zum Messen von Ozon und Aerosol in der Atmosphäre, als auch die Instrumente, die mit dem Licht von Mond bzw. Sternen arbeiten, konnten eine wohlverdiente Ruhepause einlegen, während mir Zeit für liegen gebliebene Arbeiten wie Berichten und die Wartung von Instrumenten zur Verfügung stand. Doch als hätte es sich mit dem Wetter abgesprochen, zeigte mir das Radiometer für atmosphärenphysikalische Messungen (RAM) nur wenige Stunden nach der ersten Schneeflocke eine Fehlermeldung und beanspruchte einen großen Teil meiner gerade durch das schlechte Messwetter gewonnenen Zeit. Mit unterschiedlichen Methoden und immer im engen Kontakt zu den zuständigen Wissenschaftlern am Institut für Umweltphysik an der Universität Bremen habe ich mich auf die Suche nach der Fehlerursache begeben und durch ein systematisches Überprüfen aller in Frage kommenden Bauteile die Ursache auch gefunden. Bis das Gerät wieder optimal läuft, werden gleichwohl noch einige Tage vergehen, da das Ersatzteil bestellt und nach Spitzbergen transportiert werden muss. So gut wie die Kommunikation über Telefon und E-mail mit Kollegen, Familie und Freunden funktioniert und so normal wie das Leben hier in Ny-Ålesund, der nördlichsten Gemeinschaft der Welt, ist, so ist mir nur sehr selten die besondere Lage und die Abgeschiedenheit dieses Ortes bewusst. Dies ändert sich dagegen schlagartig, wenn man auf bestellte Materialien oder Post wartet. Aber auch die Tierwelt macht einem wieder bewusst, wo man sich gerade befindet. Am vergangen Freitag sind zum ersten Mal in diesem Winter Spuren eines Eisbären in der Nähe gesehen worden. Bei Daerten, einer der zahlreichen, kleinen Holzhütten, die um Ny-Ålesund verteilt liegen und den Einwohnern als Ausflugsziel und Möglichkeit sich außerhalb des Ortes zurückzuziehen dienen, hat er nach Essbarem gesucht. Anhand der Spuren ist gut nachzuvollziehen, wie er dabei vorgegangen ist. Er ist in die Hütte, in der sich gerade keine Menschen aufgehalten haben, eingedrungen, hat sich einen Sack mit Brennholz geschnappt und ihn aus der Hütte gezogen. Nachdem er festgestellt hat, dass Holz doch nicht so gut wie Robben schmecken, ist er auf dem Bauch liegend bergab zum immer noch eisfreien Meer gerutscht, um dort seinen Hunger zu stillen. Auch wenn ich die zwei bis drei Meter langen und rund 400 Kilo schweren Eisbären äußerst faszinierend finde, hoffe ich doch, dass wir auch in Zukunft keinen in unmittelbarer Nähe zum Ort beobachten. In der Vergangenheit ist es allerdings schon vorgekommen, dass neugierige oder hungrige Eisbären nach Ny-Ålesund gekommen sind. Die normale Vorgehensweise ist dann, dass der Eisbär von bewaffneten Einwohnern auf Schnee-Scootern vertrieben wird. Leider ist es vor einigen Jahren einmal notwendig gewesen, ein Tier zu erschießen, das sich immer wieder den Weg zurück zum Dorf gesucht hat. Ein solcher Schritt kann aber nur die allerletzte Lösung sein und muss vorher mit dem Gouverneur von Svalbard abgesprochen werden, da Eisbären unter Naturschutz stehen. Konstanze Piel, Chefingenieurin

Konstanze Piel, Chefingenieurin

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