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Landeshauptstadt: Moderne? Ja, haben wir!

5. Architekturgespräch mit Gast aus Finnland

Nauener Vorstadt – Architektur-Moderne in Potsdam? „Ja, haben wir“, würden die Potsdamer nach Meinung von Stadtplanungschef Andreas Goetzmann antworten. Zur Bestätigung zeigte er beim 5. Architekturgespräch Mittwochabend im Treffpunkt Freizeit ein Bild des Einsteinturmes. Dieses Griffes in die Geschichtskiste bedurfte es eigentlich nicht, denn es gibt viele Beispiele moderner Architektur in Potsdam: das neue St. Josefs Krankenhaus etwa oder das Kaufhaus in der Brandenburger Straße und die Retortenstadt im Kirchsteigfeld.

Goetzmann kommt am Ende zu dem Schluss: „Politisch-gesellschaftlich ist die Moderne in Potsdam kein maßgeblicher Wert.“ Er erkennt das als Mangel und stellt die Frage, wie darauf hingewirkt werden könne, damit moderne Architektur einen eigenen Wert darstellt.

Diese Fragestellung ist Ilkka Halinen aus Finnland fremd. Der Planungsamtsleiter aus Potsdams Partnerstadt Jyväskylä zeigt ebenfalls Bilder, die an Potsdamer Landschaften, das Glienicker Horn etwa, erinnern. Er zeigt, dass vor Jahren auf einer Landzunge ein Sägewerk stand und jetzt ein modernes Wohngebiet. „Wir bauen nach vorn“, sagt der finnische Stadtplaner. Und: „Entscheidend ist die Qualität.“ Doch wie er den Qualitätsanspruch durchsetzt, blieb unbeantwortet.

Für Norbert John, dem langjährigen Potsdamer Hochbauamtschef, muss die Moderne „an das Alte anknüpfen.“ Dieses Kriterium sei bei Projekten wie dem Oberstufenzentrum in der Jägerallee sowie beim Nikolaisaal erfüllt. Der Moderator des Architekturgespräches, der Architekt Carl Schagemann, könnte von sich aus ein ähnliches Beispiel anführen, denn er hat den Universitätsneubau am Bahnhof Griebnitzsee entworfen. Er schuf etwas zweifellos Modernes, das sich aber nicht vordrängt und über das Alte erhebt. Das ist offenbar eine Potsdamer Spezialität. Und da kann es nicht ausbleiben, dass kritisch nach der Berechtigung der „Rekonstruktion“ historischer Bauten gefragt wird. John mahnt in diesem Zusammenhang den „Konsens zur Bebauung der historischen Mitte“ an. Andreas Goetzmann bejaht zaghaft die Berechtigung einer (Schloss-) Rekonstruktion, denn diese sei wegen des „Respekts vor dem Ort“ angemessen – als Ausnahme.

Als Schagemann am Ende der langen Diskussion danach fragt, ob jemand „die Qualität am Horizont, die das Zeug hat, eine neue Moderne in Potsdam darzustellen“, erkennt – ist mancher im Podium um die Antwort verlegen. Den meisten Fachleuten ist jedoch klar, dass der bevor stehende Landtagsneubau in der Gestalt des Stadtschlosses zur Nagelprobe dafür wird, ob Potsdam im Architektur-Geist des 18. Jahrhunderts verharrt oder etwas Modernes oder gar Avantgardistisches zustande bringt. Günter Schenke

Günter Schenke

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