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Aus dem GERICHTSSAAL: Nach 300 Therapiestunden erneut lange Finger gemacht

Gericht: Geldstrafe in Sozialarbeit umwandeln, um die Angeklagte ins soziale Leben zu integrieren

Seit Jahren geht Sarah S. (33, Name geändert) auf Diebestour. Elf Verfahren wurden in der Vergangenheit wegen Schuldunfähigkeit der Potsdamerin eingestellt. Einmal wurde sie allerdings zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie in zehn Fällen lange Finger gemacht hatte. Gestern stand die Arbeitslose erneut vor Gericht. Sarah S. soll am 4. Juni vorigen Jahres bei Netto in der Waldstadt Waren im Gesamtwert von 104,02 Euro entwendet haben. Eine Woche später klaute sie laut Anklage bei Lidl Lebensmittel, Süßigkeiten und Tierfutter für 52,64 Euro. Am 6. August soll sie bei Kaisers im Stern-Center zugeschlagen haben. Diesmal habe der Wert des Diebesguts 113,47 Euro betragen.

Sarah S. gab die Taten zu. Mehr wollte sie allerdings nicht sagen. Die Verteidigerin verwies auf die Therapie, die ihre an einer seelischen Störung leidende Mandantin seit längerem absolviere. „Die Krankenkasse hat ihr 300 Stunden bewilligt und auch bezahlt“, so die Anwältin. „Zwölf Stunden sind noch offen. Die kann sie nehmen, wenn sie glaubt, sie wieder zu brauchen.“ Sarah S. befinde sich auf dem Wege der Besserung. Allerdings sei sie im Oktober 2005 noch einmal rückfällig geworden.

Davon wussten Staatsanwaltschaft und Gericht noch gar nichts. „Also werden wir Sie hier bald wiederstehen“, konstatierte die Vorsitzende. „Ihnen geht es zunehmend besser. Das bedeutet allerdings, dass Sie in zunehmender Weise für Ihre Taten verantwortlich sind. Wenn Sie so weitermachen, müssen Sie trotz verminderter Schuldfähigkeit irgendwann mit einer Freiheitsstrafe rechnen.“ Der Staatsanwalt ergänzte: „Die Gesellschaft muss vor Straftätern wie Ihnen geschützt werden. 300 Therapiestunden haben anscheinend immer noch nicht bewirkt, dass Sie ehrlich durchs Leben gehen.“ Sarah S. blickte Hilfe suchend zu ihrer Verteidigerin. Die erklärte, es gäbe in zwei Jahren die Möglichkeit einer erneuten Langzeitbehandlung. Außerdem seien noch zwölf Stunden offen, von denen ihre Mandantin eine pro Monat besuchen könne. „Bleibt immer noch ein Jahr, das die Angeklagte überbrücken muss“, warf die Amtsrichterin ein. „Und wer sagt Ihnen, dass die Kasse eine erneute Therapie bewilligt?“ Sarah S. müsse ins soziale Leben integriert und somit gezwungen werden, sich an gewisse Spielregeln zu halten. Die Verteidigerin entgegnete, ihre Mandantin sei vom Arbeitsamt ärztlich begutachtet worden. Sie dürfe höchstens vier Stunden täglich arbeiten. Die Behörde habe ihr allerdings erklärt, sie brauche sich erst wieder zu melden, wenn sie voll belastbar sei. Das Gericht hielt allerdings eine teilweise Beschäftigung der Frau für sinnvoll. Es verurteilte Sarah S. wegen Diebstahls in drei Fällen zu einer Geldstrafe von 500 Euro, die auf Antrag in gemeinnützige Arbeit umgewandelt werden kann. Hoga

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