zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Problem mit Uniformen

Zehn Monate Haft für Bewährungsversager

Aus dem GERICHTSSAALZehn Monate Haft für Bewährungsversager Für die kurze Zeit der Urteilsverkündung lohne es nicht, ihm die Handfesseln abzunehmen, befand Gunnar G.* (34) gestern. Ohne mit der Wimper zu zucken, vernahm er den Richterspruch: Zehn Monate Gefängnis wegen fahrlässigen Vollrausches. Der Wohnsitzlose hat sich – so scheint es – längst an ein Leben hinter Gittern gewöhnt. Er sitzt momentan in Untersuchungshaft, wartet auf seinen Prozess wegen gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung. Sein Mandant habe Selbstjustiz geübt, dabei geholfen, einem Mann das Wort „K...Ficker“ auf die Stirn zu tätowieren. Dafür würden ihn wahrscheinlich mehr als drei Jahre Freiheitsstrafe erwarten, erläuterte der Verteidiger zu Prozessbeginn. Bei der gestrigen Verhandlung ging es „nur“ um Trunkenheit im Straßenverkehr, Bedrohung, Beleidigung und Widerstand gegen Polizeibeamte. Das Fatale: Nur zwei Monate vor diesen Taten wurde Gunnar G. wegen eines ganz ähnlichen Vorfalls zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Diese Chance könne ihm nun nicht wieder gewährt werden, meinten Staatsanwalt und Amtsrichter, wenngleich eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit nicht auszuschließen sei. Der Alkoholkranke hatte bereits eine Therapie erfolgreich beendet, Partnerin und Arbeit in Leipzig gefunden. Irgendwann verlor er beides, zog wieder ins Brandenburgische. Hier traf er auf seine alten Kumpels. Von da an ging es nur noch abwärts. Auch am 27. Juli 2004 schaute Gunnar G. zu tief ins Glas. Ergebnis der ihm später entnommenen Blutprobe: 2,84 Promille. Der Potsdamer hatte mit einem Bekannten gefeiert, sich dann auf sein Rad geschwungen, um die Sause bei einem anderen Freund fortzusetzen. Ein Polizist wollte den Mann, der deutliche Schlangenlinien fuhr, am Nachmittag stoppen. „Der offensichtlich stark Betrunkene drohte, mich umzufahren, wenn ich nicht aus dem Weg gehe“, erinnerte sich Jürgen E. (51) im Zeugenstand. Nachdem es ihm gelungen sei, den Angeklagten vom Rad zu holen, habe dieser versucht, ihm die Dienstwaffe zu entwenden. „Er wollte mich erschießen“, so der Beamte. Zu Hilfe gerufenen Kollegen sei es schließlich gelungen, Gunnar G. zu überwältigen und ihm Handfesseln anzulegen. Im Streifenwagen habe er dann auf abgelegte Uniformjacken gespuckt, nach den Beamten getreten, die gängigen Beschimpfungen vom Stapel gelassen sowie erklärt, er habe zu Hause eine scharfe Waffe. Mit der würde er die „Bullen“ und ihre Familien kalt machen. „Wenn ich getrunken habe, sehe ich bei Uniformen rot. Das passiert mir immer wieder“, gestand der wegen mehrfacher Verkehrsdelikte sowie Vollrausches Vorbestrafte freimütig. Damit dürfte es zumindest in den nächsten Jahren vorbei sein. (*Name geändert.) Hoga

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false