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Homepage: Zwischen Kind und Karriere

Diskussion über Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie

Diskussion über Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie Wissenschaftskarriere und Familie, passt das eigentlich zusammen? Besonders für Frauen im akademischen Bereich scheint dies nicht selten ein schier unmöglicher Spagat zu sein. Grund genug für die Frauenförderungskommission der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Potsdam, zu einer Podiumsdiskussion einzuladen. Hier bestätigte die Potsdamer Soziologin und Frauenforscherin Sabine Hack zunächst eine internationale Tendenz: „Je höher die Qualifikationsstufe ist, desto geringer zeigt sich der Anteil an Frauen“. Auch die Zahlen an Potsdams Alma Mater bewegen sich in diesem beunruhigenden Trend: Lag der Anteil an weiblichen Absolventinnen im Jahre 2002 bei über 60 Prozent, so waren es bei der Promotion nur noch 38. Unter den C3-Professoren finden sich nur noch 20,9 Prozent Frauen, und bei den C4-Professoren sogar nur 15 Prozent. Und trotz emanzipatorischer Fortschritte und neuer Gleichstellungsinstrumente sei, so Sabine Hack, beispielsweise die Sozialwissenschaftliche Fakultät der UP quasi „frauenfrei“ geblieben. Ursachen sieht sie nicht nur in der offensichtlich schwierigen Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie – welche ja beide Geschlechter beträfe. Nach Ansicht der Soziologin lägen die akademischen Chancen bei Frauen grundsätzlich niedriger – egal ob als Mutter oder nicht. Sabine Hack wörtlich: „Frauen haben nicht wegen der Kinder schlechtere Karrieremöglichkeiten, sondern trotz weniger Kinder“. Glücklicherweise bringt uns Statistik nur die halbe Wahrheit. Im Podium saßen vier gestandene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die anschaulich beschrieben, dass es auch anders gehen kann. Christiane Eifert, zur Zeit Vertretungsprofessorin für Geschichte an der Universität Bielefeld, bekam ihr Kind schon während des Studiums. Wenn auch leicht verzögert, schaffte sie ihren Abschluss mit Bravour und konnte dann auch bald promovieren. Behilflich waren ihr nicht zu letzt die eigene Wohngemeinschaft – in der auch der Vater des Kindes wohnte – und ein weiteres Paar mit Kind. Dies gewährte die nötige berufliche und private Flexibilität. Ein „strikter Zeitplan“, ein „bisschen Disziplin“ und der „Zuspruch der Doktormutter“, gestand die Historikerin ein, waren wohl auch von wesentlicher Bedeutung. Ebenfalls in Abstimmung mit seinen Vorgesetzen ist der Potsdamer Biologe Matthias Wichmann, Vater von zwei Kindern, seit August in Elternzeit. Auf diese Weise konnte seine Frau ihr Referendariat beenden und überhaupt erst den Einstieg als Lehrerin schaffen. Doch immerhin als „Ausnahme in der Wissenschaft“ bezeichnete Wichmann die von ihm genutzte Möglichkeit, seine Postdoktorandenstelle an der UP-Professur für Vegetationsökologie und Naturschutz aufschieben zu können. Zudem seien die Reaktionen der Freunde und Kollegen auf diese väterliche Elternzeit, so der 32-jährige Biologie, „überrascht, doch positiv“ gewesen. Von ähnlichen Erfahrungen aus der „weiblichen Perspektive“ berichtete Uta Freisem-Rabien, Expertin für Gentechnik beim Landesumweltamt Nord-Rhein-Westfalen. Dass ihr Mann, ebenfalls promovierter Biologie, zur Betreuung ihrer drei gemeinsamen Kinder tatsächlich zuhause bleiben würde, war keineswegs von Anfang an geplant. Er verzichtete auf eine Anstellung als Postdoktorand in Mainz und machte damit den Weg frei für Utas universitäre Karriere, welche über eine Forschungstätigkeit als Postdoktorandin hin zur jetzigen Volltagsstelle führte. Nach eigenem Bekunden gab diese Anstellung ihr und ihrem Mann mehr Sicherheit und trug sogar zur Entscheidung für ein drittes Kind bei. Glücklich über seine Festanstellung ist auch Michael Burkart als Kustos des Botanischen Gartens in Potsdam. Glücklich zugleich als Familienvater mit zweijähriger Tochter. Bei seinen theoretischen Erwägungen, für ein mögliches zweites Kind die Elternzeit zu beanspruchen, trifft Burkart bisher aber noch auf wenig Resonanz. Vier junge Familien, die ihren eigenen Weg zwischen Kinderwunsch und wissenschaftlicher Karriere mehr oder weniger erfolgreich gefunden haben – und weiter finden müssen. Jedes einzelne Beispiel zeigt aber auch: Ohne Festanstellung des Partners, Verständnis der Kollegen, gute Selbstorganisation und flexible Beschäftigungsmöglichkeiten (Work- Life-Balance) bewegen sich die Eltern auf dünnem Eis. Deutlich wurde bei den Erfahrungsberichten zugleich, dass die Synthese von Familie und Karriere von außen oft noch als reine „Privatsache“ verstanden wird. Monika Stein, Gleichstellungsbeauftragte der Uni Potsdam, arbeitet seit Monaten daran, Hochschulleitung und Professoren für dieses brisante Thema zu sensibilisieren. Parallel sind erste praktische Hilfsmaßnahmen angelaufen – beispielsweise mit Kinderbetreuungsräumen in Griebnitzsee und Golm. Die Frauenförderungskommission der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät bietet ihrerseits ein Programm zur „Unterstützung von Nachwuchswissenschaftlerinnen mit und ohne Kind“, das unter anderem Werkverträge für Doktorandinnen und Zwischenfinanzierungen nach der Diplomphase bereithält. Alexandra Esther

Alexandra Esther

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