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Kultur: Den Pinsel nach Noten schwingen

Uwe Tabatt zeigt Bilder und Objekte in der Ticketgalerie im Nikolaisaal

Uwe Tabatt zeigt Bilder und Objekte in der Ticketgalerie im Nikolaisaal Von Götz J. Pfeiffer Wenn Musik erklingt, schwingt Uwe Tabbat nicht das Tanzbein, sondern den Pinsel. „Ich höre gerne und viel Musik und greife seit mehreren Jahren das Thema Musik in meinen Arbeiten auf“, sagt der Berliner. Von seinen knapp 30 Acrylbildern und Drucken fühlte sich Rosemarie Spatz vom kommunalen Bereich Kulturkooperation bereits während des Aufbaus in der Ticketgalerie inspiriert. „Das sind Bilder, die zum Tanzen animieren, die den Rhythmus der Musik spüren lassen“, meinte sie auf der gut besuchten Vernissage. Es ist die erste Ausstellung des Jahres in den Galerieräumen im Nikolaisaal. Doch augenfälliger und beherrschender als die musikalische Stimmung, die die Arbeiten verbreiten sollen, sind die gewählten musikalischen Sujets. Wahrscheinlich hört Tabatt Blues und Swing, Jazz und mittelamerikanische Musik, während er Acrylfarben auf seinen Maluntergründen verteilt. Denn unzweifelhaft entstammen seine Motive den allbekannten visuellen Assoziationen zu diesen Musikrichtungen. Da biegen sich schlanke Afroamerikanerinnen hinter Mikrophonen und über Pianotasten, da blähen nicht minder negroide Musiker an Saxophon und Trompete ihre Backen, arbeiten mal schwungvoll, mal gefühlvoll an Gitarre, Kontrabass und Schlagzeug. Die Titel der Arbeiten sind nicht weniger musikalisch angehaucht. „Bebop Jungl“ tönt es nach frühem Jazz. „The Funky Groove Band“ heißt ein Quintett von schlanken Figuren. Und im „Sunday Blues“ hat sich ein Quartett auf einer Scheibe zusammengefunden. Aber erblickt in diesen Arbeiten Miles Davis’ „Birth of the Cool“ wirklich ein zweites Mal das zerstückelte, hektische Großstadtlicht der Welt? Bringt der vierhändige Mann am Klavier mehr als entfernteste Erinnerungen an den Komponisten und Pianisten Thelonius Monk, der gerne auch einmal mit umgehängter Maschinepistole posierte? Und warum wird einem warm ums Herz, wenn man die kurvenreichen Schönen von „Hot Stuff“ anschaut? Weil man dabei an Ella Fitzgeralds Stimme denkt? Keineswegs wird man dem 1966 in Berlin geborenen Tabatt absprechen wollen, dass er mehr als ein musikalisches Motiv auf Leinwände, Acryl und auch schon einmal auf den Deckel eines Stützflügels gebracht hat. Gerade die Auswahl an unkonventionellen Formaten erstaunt. Hier wird es vom Figurenumriss bestimmt, dort fängt es mit der zur Welle gebogenen Klaviatur das Auge, zumindest für einen Moment. Aber von der Musik, die Tabatt in seinen bunten Bildern gerne umgesetzt sehen möchte, ist nichts zu spüren. Und auch Malerei, wie sie auf der Einladung stolz angekündigt wird, sollte er seine Arbeiten lieber nicht nennen. Man könnte nach seiner Pinselkunst fragen. Seine Arbeiten sind Illustrationen bestimmter Musikrichtungen, aber keine eigenständigen Bilder. Sie zeigen in der Bewegung eingefrorene Wiederholungen allgegenwärtiger Stereotypen – als habe es nie weiße Jazzer und solche mit schmalen Lippen gegeben. Man muss gar nicht weit abschweifen, um sich an heimische Gewächse wie Paul Kuhn, Manfred Krug oder Helge Schneider zu erinnern. Als Arbeiten, die etwas anderem folgen, als Bilder nach und Illustrationen zur Musik, dürfen die Arbeiten Tabatts einen Platz beanspruchen und können ihn im Rahmen auch behaupten. In den Kompositionen sind sie stimmig und sicher. Da kommt dem Berliner seine Fotografenlehre zu pass. In der handwerklichen Ausführung und der Durchbildung der Figuren sind sie überzeugend. Hierfür wird das Studium „Technologie und Planung Druck“ spürbar, das Tabatt 1987 an der HdK Berlin absolvierte. Aber ohne die Musik als assoziative Stütze aus einer anderen Kunstsparte würden die Arbeiten klingen wie schräge Misstöne. Denn es sind: Bilder nach Noten. Uwe Tabattas „Sunday Blues - Klangbilder“ bis 2. 3. in der Ticketgalerie, geöffnet eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn, in den Pausen und nach Vereinbarung.

Götz J. Pfeiffer

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