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Kultur: Innige Zuwendung

50 Jahre Bilder – Retrospektive von Fridolin Frenzel im KunstHaus Potsdam

50 Jahre Bilder – Retrospektive von Fridolin Frenzel im KunstHaus Potsdam Mindestens 50 also muss er sein, Fridolin Frenzel, denkt man auf dem Weg zum KunstHaus im Ulanenweg vor sich hin und ist gespannt, was sich hinter dem lapidaren Titel verbirgt. Es ist eine Schau anlässlich des 75. Geburtstages von Frenzel – erfährt man vor Ort – und sie zeigt Werke aus allen Jahrzehnten seines Schaffens. Weimar, Kassel, Frankfurt, Bayern, Berlin. So lauten seine Lebensstationen, aber nur von einer Stadt scheint er, außer von Natur und Menschen, gefesselt: Berlin. Immer wieder gibt es Graphitzeichnungen einer grauen Stadt, die sich aus Einzelteilen zusammensetzt. Erkennbar der angekratzte Turm der Gedächtniskirche und Mauern, Flaggen, nicht immer als komponiertes Bild, manchmal durchaus auch wie ein Baukasten daherkommend, auf dem Elemente irgendwie zusammenhanglos im Raum schweben. Diese Arbeiten sind im hinteren Teil der Ausstellung zu sehen und geben ein Bild Westberlins vor der Maueröffnung wieder, das nicht umsonst im grauen Regengestrichel seine Zerrissenheit zeigt. Viele Porträts durchziehen die Schau, die neueren Arbeiten werden immer großformatiger und formal gewagter: da sitzt „Inka“ (2000) gleich im Eingangsbereich des großen Raumes und schaut uns auffordernd-burschikos, in „Was-kostet -die-Welt“-Manier an, die Hände auf die Beine gestützt. Rühr mich nicht an, scheint sie zu sagen, aber in Frieden lassen sollst Du mich auch nicht. Mit kräftigem Strich wirft Frenzel diese Figuren hin, und je aktueller diese Porträts werden, desto energetischer durchdringt er sein „Objekt“. Michaela hockt mit „Punki“ (2002) dunkel und fast eins mit ihrem Hund geworden so auf der Kante, dass sie keine Gelegenheit hat, dem Publikum (oder dem Maler) ins Gesicht zu schauen. Da ist eine Weltabgewandtheit, die gleichzeitig eine innige Zuwendung zwischen Mensch und Tier verrät. Seine in den achtziger Jahren entstandenen Frauenporträts sind eher schwarzgrundig, aber nicht minder ausdrucksstark. „Schräg“ schaut uns eine Dame entgegen, die die Großhalsigkeit von Modigliani-Figuren besitzt, aber dank der Breite des Formats kastenförmige Üppigkeit erhält. Durch die vollkommen düstere Farbigkeit erreicht Frenzel, dass die Porträtierte eine Dame wird, vor deren gewaltiger Präsenz man sich zu fürchten beginnt. Da kann sie schräg schauen, so lange sie möchte. Natürlich gibt es Natur in dem gemalten Tagebuch des 1930 Geborenen. Auch die wandelt sich. War sie als „Rosen“-Teppich in den achtziger und neunziger Jahren noch ein wenig an Monets Seerosenteichen orientiert, ohne deren Changieren einzuholen, sind die heutigen Kiefern farbige Skelette und scheinen eher Anlass, auf innere Zustände hinzuweisen. Um Ab-Bild geht es Frenzel nie. Auch nicht in seinen ersten Arbeiten aus den 50er Jahren, die expressionistische Züge tragen. Will man über den Maler noch Persönlicheres wissen, hilft ein Blick in den Katalog von Fridolin Frenzel aus dem Jahr 1990, in dem er ebenso starkstrichig komplexe Lebenssituationen erzählt wie in seinen Bildern. Die lohnenswerte Ausstellung ermöglicht es dem Besucher, ein gesamtes Künstlerleben abzuschreiten, die tastende Suche der ersten Jahre gegen die großflächig-sicheren Malereien der letzten Jahre abzuwägen und zu verstehen: Leben ist Entwicklung, Veränderung, und kann im günstigen Fall sogar dazu führen, dass man besser wird. Lore Bardens KunstHaus Potsdam, Ulanenweg 9, zu sehen bis 14. September, Di - Fr 15 bis 19 Uhr, Sa und So, 12 bis 18 Uhr.

Lore Bardens

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