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Potsdam-Mittelmark: Die Angst ist geblieben

Brutaler Überfall auf Schwarzafrikaner im Linienbus

Brutaler Überfall auf Schwarzafrikaner im Linienbus Von Gabriele Hohenstein Teltow/Potsdam. Die Prellungen im Gesicht und am Körper sind verheilt. Die Angst ist geblieben. Besonders wenn er nachts unterwegs ist, beschleicht Gideon O. (36) ein ungutes Gefühl. Der Schwarzafrikaner wurde am 26. April 2003 in Teltow im Bus der Linie 117 von einer Gruppe offenbar der rechten Szene Zugehöriger zunächst in aggressiver Form wegen seiner Hautfarbe beleidigt, danach brutal zusammengeschlagen und -getreten. Die Angreifer ließen erst von ihrem Opfer ab, als der Busfahrer den Notruf auslöste. Drei der vermeintlichen Täter mussten sich jetzt vor dem Jugendschöffengericht verantworten. „Es hätte auch jeden anderen treffen können“, erklärt Alexander L. (24) lakonisch. Er sei mit seinen Kumpels von einer Feier gekommen, habe den Farbigen beim Aussteigen am Ruhlsdorfer bemerkt und ihm mit der flachen Hand einen Klaps auf den Hinterkopf gegeben. „Vielleicht wollte ich ihn provozieren?“, mutmaßt er. „Schließlich war ich nicht mehr ganz nüchtern.“ Weil der Ausländer ihn am Arm festhielt, habe er ihm zwei oder drei Faustschläge ins Gesicht verpasst. „Ich habe ihn aber weder getreten noch beleidigt“, versichert der Angeklagte. „Der Vorfall tut mir ein bisschen Leid. Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich zugeschlagen habe“, erzählt Manuel B. (23). „Wahrscheinlich war ich zu betrunken.“ Auf den Schwarzafrikaner sei er erst aufmerksam geworden, als der schon in die Auseinandersetzung mit Alexander verwickelt war. „Ich habe ihn mehrfach mit der Faust auf den Hinterkopf gehauen“, gesteht der Kahlgeschorene, bestreitet allerdings ebenfalls Tritte und ausländerfeindliche Parolen. Christian A. (23) sah ein „Durcheinander aus tausend Fäusten“, will allerdings selbst nicht geprügelt haben. „Kann sein, dass auch Fußtritte dabei waren“, räumt er ein. „Kennen Sie eine Kameradschaft Teltow?“, fragt die Vorsitzende. Der Angeklagte verneint. (Als er wegen des Übergriffs mehrere Monate in Untersuchungshaft saß, wurde ein Brief besagter Gruppierung an ihn beschlagnahmt, in der versichert wurde, ihn „nicht hängen zu lassen.“) „In der Elbestraße stiegen ungefähr zehn Jungs und zwei Mädchen in den fast leeren Bus“, berichtet Gideon O. im Zeugenstand. „Einer meinte gleich, oh, da sitzt ein Neger, das ist eine gute Chance. Sie sagten auch, schwarzer Mann, du riechst. Du dummer Mann, was machst du hier? Deutschland ist nichts für dich.“ Dann hätten sie ein Lied angestimmt, dessen Refrain „Neger raus, raus, raus“ lautete. Aus Furcht habe er sich ganz ruhig verhalten. „Plötzlich boxte mich jemand in den Rücken, dann kamen noch mehrere dazu.“ Er sei von vorn und von hinten mit mehr als 20 Fausthieben traktiert und auch getreten worden. Die Umstehenden hätten die Schläger noch angestachelt. „Ich wollte zum Busfahrer, wurde aber von den Leuten zurückgestoßen“, so der Zeuge, der das Trio auf der Anklagebank zweifelsfrei wiedererkennt. Als der Bus an der nächsten Station hielt, sei die Gruppe zunächst ausgestiegen. Unmittelbar darauf seien sechs Leute wieder reingekommen „Die begannen erneut, auf mich einzuboxen“, erinnert sich Gideon O. Ob die Angeklagten beim zweiten Mal dabei waren, vermag er nicht zu sagen. „Christian hat mit der ganzen Sache nichts zu tun“, ist sich Nicole L. (22) sicher. Sie sei zwar in jener Nacht nicht dabei gewesen, habe allerdings gründlich über den Vorfall recherchiert, so die Freundin des Angeklagten. „Jeder, mit dem ich gesprochen habe, meinte, Christian ist gleich ausgestiegen, als die Auseinandersetzung begann.“ Die Teltowerin erstellte eine Liste der Busfahrgäste, ging damit zur Staatsanwaltschaft. Die Verhandlung wird am kommenden Dienstag mit der Vernehmung des Busfahrers sowie weiterer Zeugen fortgesetzt.

Gabriele Hohenstein

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