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Potsdam-Mittelmark: Die Moorochsen „muhen“ wieder

Bessere Lebensbedingungen für Brandenburgs Rohrdommeln / EU-Projekte erfolgreich abgeschlossen

Bessere Lebensbedingungen für Brandenburgs Rohrdommeln / EU-Projekte erfolgreich abgeschlossen Von Sandra Schipp Die Rohrdommel, eine scheue Reiher-Art, ist in Brandenburg selten geworden. Intensive Landwirtschaft, Entwässerung und der zunehmende Wassertourismus haben dafür gesorgt, dass die Vögel in der Mark kaum noch einen ungestörten Platz zum Brüten finden. Ausgedehnte Schilfröhrichte waren rar geworden, und die hellbraunen Tiere - im Volksmund auch Moorochsen genannt - waren schon vom Aussterben bedroht. Inzwischen gibt es jedoch wieder Hoffnung: In den Biosphärenreservaten Schorfheide-Chorin und Flusslandschaft Elbe sind jetzt zwei EU-LIFE-Projekte erfolgreich abgeschlossen worden. Sie haben dafür gesorgt, dass sich der Landschaftswasserhaushalt in den beiden Regionen grundlegend verbessert hat. Und damit finden Rohrdommeln wieder die Lebensbedingungen vor, die sie brauchen. Die Zahl der Brutpärchen jedenfalls hat sich deutlich erhöht. So gab es im Reservat Schorfheide-Chorin zu Beginn des Projekts 1999 nur acht Rohrdommelreviere, im vergangenen Jahr waren es schon 21. Durch die Wiederbelebung des Rambower Moores in der Prignitz kehrten dort ebenfalls die Rohrdommeln zurück. Mit 50 Prozent der Gesamtkosten von 2,8 Millionen Euro hat die EU die beiden Vorhaben unterstützt. Eingetrocknete Moorseen wurden wieder vernässt, der Wasserstand der Brutgewässer wurde gesichert, Stauwehre sind entstanden oder wurden restauriert. Von neuen Aussichtstürmen aus können die Besucher Wildgänse und Blessrallen beobachten – und auf Infotafeln nachlesen, warum Feuchtgebiete so wichtig für das natürliche Gleichgewicht sind. Denn Feuchtwiesen, flache Seen und Moore sind nicht nur Lebensräume für viele geschützte Arten, sie erhalten auch die Wasserqualität. Wird ein Moor trockengelegt, zersetzt es sich. Die dabei entstehenden Nährstoffe können angrenzende Gewässer regelrecht vergiften. Der Moorboden trocknet aus, sackt in sich zusammen und verschwindet schließlich. Auf Schadstoffe von außen reagieren auch Schilfgürtel „allergisch“ – sie können sogar absterben. Dies hat ebenfalls schlimme Konsequenzen für die Natur, denn Schilf filtert Nährstoffe und Pflanzenschutzmittel aus dem Wasser und schützt die Ufer vor Erosion. Allein im Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin gibt es mehr als 200 Seen und 3000 Kleingewässer, und in einigen von ihnen ist das ökologische Gleichgewicht empfindlich gestört. Im Rahmen des LIFE-Projekts wurden daher 28 besonders wertvolle und gefährdete Gewässer und Feuchtgebiete untersucht. Die Experten testeten die Wasserqualität, zählten die Vogelarten im Schilf und prüften die Struktur des Röhrichts. Danach wurden für einige Seen die Wasserstände rechtlich festgelegt, Schilfgürtel unter besonderen Schutz gestellt und landwirtschaftliche Pufferzonen eingerichtet. Mit ähnlichen Mitteln wurde auch das Rambower Moor bei Lenzen in der Prignitz wiederbelebt. Der große Erfolg der beiden Maßnahmen hat inzwischen für eine Fortsetzung gesorgt: Die EU finanziert seit Anfang dieses Jahres ein neues „Koop“-Projekt in Brandenburg, wie Axel Vogel, Direktor der Landesanstalt für Großschutzgebiete, am Montag in Joachimsthal sagte. Die in der Mark gesammelten Erfahrungen werden aufbereitet und mit anderen europäischen Ländern abgeglichen. Ziel ist ein Handbuch für den Rohrdommelschutz in ganz Europa. Die Landesanstalt ist Träger der Projekte. Sie hat in ihre Arbeit zahlreiche Verbände und Vereine, Behörden, Wissenschaftler und die regionale Agrarwirtschaft mit einbezogen. Mit 14 Landwirten wurden daher spezielle Verträge abgeschlossen - sie arbeiten besonders gewässerschonend und bekommen dafür ein Honorar. Mit an Bord ist auch die Naturwacht Brandenburg, die nicht nur Schilfgebiete betreut, sondern auch Exkursionen anbietet. Die Touristen jedenfalls konnten sich in den vergangenen Jahren über immer neue Attraktionen freuen. So wurde nahe des Infozentrums Blumberger Mühle bei Angermünde ein fast zerstörter Steg restauriert, der nun wieder mitten ins Schilf führt. Und mit ein wenig Glück bekommen die Besucher dort auch das dumpfe „Muhen“ des Moorochsen zu hören.

Sandra Schipp

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