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Potsdam-Mittelmark: Hartz IV startet mit Hindernissen

In der Teltower Beratungsstelle ernteten Mitarbeiter gestern Beschwerden / Keine Computer und Telefone

In der Teltower Beratungsstelle ernteten Mitarbeiter gestern Beschwerden / Keine Computer und Telefone Von Volker Eckert Teltow - Nach einem recht ruhigen Start am Montag haben sich in der Hartz-IV-Beratungsstelle in Teltow gestern lange Warteschlangen gebildet. Am zweiten Wochentag nach Inkrafttreten des Gesetzes zeigte sich, dass es bei der Umsetzung noch knirscht. In den gerade erst eingerichteten Räumen am Teltowkanal 7 machten fehlende Telefonanschlüsse und Computer die Arbeit noch schwer. Probleme mit der Auszahlung hat es offenbar auch im Landkreis gegeben. Ein Mann aus Güterfelde verließ gestern zornig die Beratungsstelle, bei ihm sei noch kein Geld angekommen, obwohl er seinen Antrag im November abgegeben habe. Da es aber noch nicht einmal einen gültigen Bescheid gab, hat der Mann auch keine Barauszahlung bekommen, wie in andern Fällen geschehen. Sein Kommentar: „Mal sehen, was mein Vermieter dazu sagt, dass ich nicht zahle.“ Aus der für Potsdam-Mittelmark zuständigen Hartz-IV-Agentur „Maia“ hieß es gestern, dass nur zwei Fälle aus Belzig bekannt seien, wo Leute aufgrund von Computerproblemen ihr Geld nicht erhalten hätten. „Das wurde per Überweisung beziehungsweise Scheck geregelt“, sagte Maia-Geschäftsführer Bernd Schade. Der Andrang auf den Fluren lag gestern wohl auch daran, dass viele den Dienstag noch als Sprechstundentag des Sozialamts kennen. Proteste gab es keine, alles verlief friedlich. In den Gesprächen auf dem Flur machten aber viele ihrem Frust Luft. Dass man es sich gut überlegen solle, Kinder zu bekommen, war da zu hören, oder dass die Mitarbeiter der Behörde auch nicht durchblicken würden. Dass ihre Kollegen gestern noch in einem Provisorium arbeiteten, begründete Schades Stellvertreterin Katrin Urban damit der zentral von Nürnberg aus geplanten Umstrukturierung der Agentur für Arbeit: „Da passieren natürlich Fehler.“ Statt per E-Mails und Telefon hätten die Mitarbeiter über Handys untereinander kommuniziert. Daten von Antragstellern wurden handschriftlich statt per Computer aufgenommen. Von den rund 130 Mitarbeitern der Maia sind gut 30 in Teltow eingesetzt. Sie sollen die Empfänger des ALG II bezüglich ihrer Ansprüche betreuen und wie angekündigt wieder in Arbeit vermitteln. Letztere Aufgabe steht allerdings in den ersten Tagen des Jahres noch im Hintergrund. Allerdings sind unter den Betroffenen die Zweifel groß, dass das von der Regierung oft beschworene Fördern überhaupt in die Tat umsetzen lässt. Gabriele Baumann* hat mit gerade mal 42 Jahren die Erfahrung gemacht, dass sie als Verkäuferin gegen jüngere Mitbewerberinnen den Kürzeren zieht. Bekannte von ihr hätten Umschulungen gemacht und dann auch nichts gefunden. Juliane Reimer* hofft zumindest noch auf einen 1-Euro-Job. Die 45 Jahre alte Diplom-Ingenieurin ist nach der Geburt der zweiten Tochter vor sieben Jahren „nicht mehr reingekommen“ in den Arbeitsmarkt und glaubt nicht mehr an eine feste Anstellung. Ihr erster Bescheid über ALG II sei fehlerhaft, das hat ihr auch die Maia-Mitarbeiterin bestätigt. Es bleibt aber wohl dabei, dass sie mit Hartz IV finanziell schlechter dasteht als vorher, weil ihr das Kindergeld jetzt auf das Wohngeld angerechnet werde. Irgendwie müsse sie das wieder einsparen. Wahrscheinlich ist als nächstes das Telefon dran. * Namen von der Redaktion geändert

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