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Potsdam-Mittelmark: K.o. in der zweiten Runde

In einer Sondersitzung beschlossen Gemeindevertreter, dass der Schwarzbau am Dorfplatz abzureißen ist

In einer Sondersitzung beschlossen Gemeindevertreter, dass der Schwarzbau am Dorfplatz abzureißen ist Stahnsdorf - Die Lektüre von Bebauungsplänen (B-Plan) ist im allgemeinen eine trockene Angelegenheit: Unverständliche Abkürzungen, Fachbegriffe und Paragrafen. Manches klingt aber auch klar und deutlich. Wenn zum Beispiel festgelegt ist, dass innerhalb eines Plangebietes bestimmte Bauten nicht erlaubt sind. So ist es auf den Grundstücken am Stahnsdorfer Dorfplatz, der als ein komplexes Denkmalensemble gilt, verboten, Garagen, Geräteschuppen oder Gartenhäuser zu errichten. Der Fakt, dass am Dorfplatz 10 dennoch ein Gartenhaus gebaut wurde, geriet nun zu einem Stahnsdorfer Politikum, das seinen – vorläufigen – Abschluss am Donnerstag fand: Die Gemeindevertreter beschlossen, dass der Bau wieder abzureißen ist. Noch vor drei Wochen entschieden die Ortsparlamentarier anders – entgegen der Warnung von Bürgermeister Gerhard Enser (CDU). Denn nach Ansicht seiner Verwaltung gebe es keine Möglichkeit, den Schwarzbau nachträglich zu genehmigen und dem Anwohner die Laube entgegen den Festsetzungen für den Dorfplatz zu erlauben. Denn der Bau, so Enser, widerspreche dem städtebaulichen Ziel, den Dorfanger nach historischen Vorgaben mit Drei- und Vierseitenhöfen wieder herzurichten. Das private Gartenhaus nutze auch nicht dem Allgemeinwohl, was eine Genehmigung möglich gemacht hätte. Und es sei für den Anwohner auch keine unzumutbare Härte, wenn er das Häuschen wieder abreißen muss. Daher sah der Bürgermeister „kein Raum für eine Befreiung von den Festsetzungen“. Zumal gerade am historisch wertvollen Dorfplatz ein Präzedenzfall von beachtlichem Gewicht geschaffen worden wäre. Nachdem Enser den Beschluss vom Dezember kassiert hatte, stand das Thema vorgestern erneut auf der Tagesordnung einer Sondersitzung der Gemeindevertreter – für Dietmar Otto völlig unverständlich. „Was macht es für einen Sinn zu tagen, wenn die Gemeindevertretung ohnehin keine Wahl hat und sich dem Plädoyer der Verwaltung anschließen muss“, fragte sich der SPD-Fraktionschef. Auch der FDP-Abgeordnete Günter Wüstenhagen haderte: „Wenn bei einer Frage Ja oder Nein möglich ist, kann es doch nicht dazu führen, dass später eine Antwort als nicht rechtens gerügt wird.“ Wenn der Bürgermeister der Meinung sei, dass der B-Plan für den Dorfplatz nicht von seinen Festlegungen befreit werden kann und Ausnahmen nicht möglich sind, dann könne auch gleich die Verwaltung den Antrag des Anwohners ablehnen. Auch der Michael Grunwaldt von „pro Stahnsdorf“ wähnte sich in dem Glauben, für den Antrag des Anwohners stimmen zu können, weil er mit dem Gartenhäuschen „kein Problem habe“. Weil Bürgermeister Enser nach Rücksprache mit der für die Kommune tätigen Anwaltskanzlei die Rechtslage eindeutig sieht, gibt er zu, dass seine Verwaltung auch allein hätte entscheiden können. Doch es sei bislang gängige Praxis gewesen, in solchen Fragen die Gemeindevertretung einzubeziehen. Dass es durchaus die rechtliche Möglichkeit gibt, die Vorschriften eines B-Planes in Ausnahmefällen außer Kraft zu setzen, betonte Bauamtsleiterin Uta Stelter: „Wenn ein Bauherr etwas anderes tun möchte, muss er Ausnahmen beantragen.“ Und tatsächlich haben in diesen Fällen bislang immer die Gemeindevertreter abgewogen, ob sie ein Abweichen von Festlegungen, die sie selbst beschlossen haben, zulassen oder nicht – für das Grashüpferviertel ist dies mehrfach geschehen. Dann gilt es, pro und contra abzuwägen – genau die Kriterien, die Bürgermeister Enser aufgelistet hat: städtebauliche Verträglichkeit, das Wohl der Allgemeinheit, unzumutbare Härten. „Natürlich kann man dazu unterschiedliche Haltungen haben“, sieht PDS-FRaktionschef sehr wohl die „Freiheit, anders zu entscheiden, als es der Bürgermeister empfiehlt“. Bei rechtlichen Zweifeln müssten eben höhere Instanzen entscheiden. So weit wird es im Fall des kleinen Gartenhauses nicht kommen, denn anders als vor drei Wochen schloss sich die Mehrheit der Abgeordneten der Empfehlung der Verwaltung an, den Schwarzbau nicht nachträglich zu genehmigen. Während sich im Dezember die CDU-Fraktion noch der Stimme enthielt, ließen sich inzwischen die Christdemokraten vom ihrem Parteifreund Enser überzeugen.

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