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Potsdam-Mittelmark: Wer wagt den ersten Schritt?

Die neue Discothek „@“ in Werder stieß zur Eröffnung auf reges Interesse – nur tanzen wollten die Gäste nicht sofort

Werder - Die riesige Tanzfläche wirkt wie ein See. Weiße Nebelschwaden steigen über der unbewegten Fläche auf. Wäre es wirklich ein See, dann könnte man vermuten, das Wasser sei zu kalt, denn auf der Fläche tanzen nur die bunten Scheinwerfer. Die ersten Gäste in der neu eröffneten Großdiskothek am alten Standort in Werder (Havel) meiden die leere Fläche, sie steuern die seitlichen Theken-Areale an oder steigen die Treppe hinauf zur Ballustrade und schauen dann hinaus – aufs Wasser

„Die werden schon noch tanzen“, ist sich Melanie ganz sicher. Die 21-jährige Tänzerin ist Teil der Berliner Go-Go-Gruppe „2Unique“, die heute Abend im „@“ an der Phöbener Straße nicht nur für optische Anreize sorgt. Zusammen mit drei muskelbepackten Männern (oben ohne) und zwei Frauen in Fantasiekostümen (halb Schulmädchen, halb Dessous-Showgirls) versucht Melanie zunächst, die Hemmungen der abwartenden Besucher zu beseitigen, indem sie abwechselnd Sekt anbietet oder mit ihrer Tanzgruppe an der Tanzfläche etwas anrüchig posiert. „Die offizielle Eröffnung ist erst um 22 Uhr“, erklärt Valerie, ebenfalls leicht bekleidete und ausgebildete Tänzerin, „und so richtig voll und los geht es sowieso erst ab Mitternacht“. Sie wird Recht behalten.

Auch der Betreiber der selbst ernannten „Nachterlebniswelt“, Sören Koch, zeigt sich zur Eröffnungsparty am Donnerstagabend zuversichtlich: „Heute Abend wollen wir erstmal Spaß haben.“ Der ehemalige Disc-Jockey wirkt einigermaßen entspannt, und sein Konzept kann er mit einem Wort beschreiben: „Wohlfühlen!“. Sören sitzt in der Bar in der oberen Etage. Die Bar ist durch eine schwere Polstertür vom übrigen Diskothekenbetrieb abgetrennt, durch die Fenster können die Gäste das Geschehen auf der Tanzfläche von oben beobachten – im Licht der Laserscheinwerfer zuckt der Schatten eines einsamen Paares.

Aber Koch ist davon überzeugt, dass er mit seinem Konzept Erfolg haben wird und viele Gäste aus einem Umkreis von 80 Kilometern nach Werder locken wird. Bei Michaela (24) aus Potsdam, Cathleen (23) aus Brandenburg (Havel) und Andrea (38) aus Stahnsdorf kommt das neue „@“ schon mal an. Die drei Schul- und Arbeitsfreundinnen können sich vorstellen, dass sie sich hier jetzt öfter treffen werden. „Es ist zwar sehr groß, wirkt aber durch die abgetrennten Bereiche nicht wie eine Bahnhofshalle“ – und das findet Cathleen angenehm. Andrea gefällt die Farbgebung, die warmen Rot- und Gelbtöne in der Bar, die zudem als „Fluchtpunkt“, als Ruhezone nach dem Tanzen unter den riesigen Lautsprechern, dienen könnte.

Doch noch tanzen sie nicht. „Die Musik ist noch nicht zum Tanzen, eher eine Untermalung zum Warmwerden“, erklärt Andrea, warum sie mit ihren Freundinnen noch bei Sekt und Kaffee sitzt. Von der unteren Etage tönt lange nicht Gehörtes nach oben, beispielsweise „New York, Rio, Tokio“ ein typischer 80er-Jahre-Hit von „Trio Rio“, einer Formation, die danach verstummt sein muss.

Etwa zwei Stunden nach der Öffnung, signalisieren die DJs, „Hummel“ aus Dresden und „Skywalk“ aus Hamburg mit der Starwars-Melodie, dass es nun wirklich losgeht. „Eine Eröffnung ist immer eine schwierige Aufgabe für uns“, sagt „Hummel“, „weil die Leute mit hohen Erwartungen kommen“. Zudem hätten die DJs mit einem „Erbe“ zu kämpfen, erklärt der freundliche Dresdener, nämlich mit dem, was vor zwei Jahren hier gespielt wurde, als es noch „Studio 1“ hieß.

„Hummel“ und „Skywalk“ agieren so, wie es sich Andrea, Cathleen und Michaela wünschen. Sie legen nicht nur Platten auf, sondern animieren das Publikum zwischendurch mit flotten Sprüchen. „Ein DJ muss die Gäste führen, er muss ihnen zeigen, dass er mit ihnen eine Party feiern will“, sagt Andrea. „Die Tanzfläche gehört Euch“, ruft „Hummel“ aus. Und siehe da, es funktioniert: Zunächst wiegen vereinzelte Frauen ihre Hüften auf den Teppenabsätzen und dann finden die ersten Paare am Rand der großen Tanzfläche zueinander. Schließlich wird der stille See zum Meer sich wogender Körper.

Karsten Sawalski

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