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Knatsch beim Gegner? Dänemarks Hans Lindberg weiß von nichts.

© Triballeau/AFP

Handball-EM: Deutschland ist gefordert gegen Dänemark

Mit einem Sieg heute gegen Dänemark wollen die deutschen Handballer die EM neu beginnen.

Unstimmigkeiten? Streit? Knatsch? Bei Hans Lindberg ist angeblich noch nichts dergleichen angekommen. „Ganz ehrlich: Ich habe das bisher nicht gehört“, sagt der dänische Handball-Nationalspieler in Diensten der Füchse Berlin vor dem Europameisterschafts-Duell gegen Titelverteidiger Deutschland am Sonntag (18.15 Uhr, ARD). „Wir konzentrieren uns voll auf uns, damit haben wir genug zu tun. Was die Deutschen machen, ist für uns zweitrangig“, ergänzt Lindberg mit einem Zwinkern.

Selbstverständlich haben sie im dänischen Lager mitbekommen, dass es zuletzt zu atmosphärischen Verwerfungen beim heutigen Gegner gekommen ist. Ein bisschen Psychologie ist eben doch immer dabei, wenn große Handball-Nationen bei großen Turnieren aufeinandertreffen – so wie zuletzt 2016 bei der EM in Polen. Vor dem Spiel zwischen Deutschland und Dänemark sprach der damalige Bundestrainer Dagur Sigurdsson angesichts der vielen Verletzten in seinem Kader ganz bewusst und gebetsmühlenartig von einer „B-Mannschaft“, die nichts zu verlieren habe – und dann gegen die hochgehandelten Dänen gewann. Diesmal sind die Rollen weniger klar verteilt. „Ich denke nicht, dass es einen Favoriten gibt“, sagt Lindberg.

Wie groß die Erleichterung im deutschen Team nach dem hart erkämpften 22:19-Sieg gegen Tschechien zum Auftakt der Hauptrunde war, ließ sich an den Reaktionen und Äußerungen der Beteiligten unmittelbar nach der Schlusssirene erkennen. Die führenden Köpfe machten kein Geheimnis daraus, dass sie sich von der Öffentlichkeit ungerecht behandelt und bewertet fühlen. „Ich darf daran erinnern, dass diese tschechische Mannschaft mit Ungarn und Dänemark zwei ganz starke Teams besiegt hat“, betonte Bundestrainer Christian Prokop, der in den Tagen zuvor teilweise scharf kritisiert worden war. Es mangele dem 39-Jährigen an Autorität, die Spieler würden sich eigenständig über seine Anweisungen hinwegsetzen und überhaupt fehle es an Struktur und einer Spielidee, hieß es – angesichts der kleineren und größeren Beobachtungen im Miteinander war das auch nicht ganz von der Hand zu weisen. Teamintern ist die Wahrnehmung aber offenbar eine andere. „Hört auf, so einen Blödsinn zu schreiben!“, polterte Nationalkeeper Andreas Wolff, der sein Team in der Schlussphase mit tollen Paraden zurückgebracht hatte und nun ohne jeden weiteren Kommentar in der Kabine verschwand.

Rune Dahmke wird das Team verstärken

Die weiteren Kommentare übernahm sein Torhüterkollege Silvio Heinevetter, der bis zu seiner Einwechslung für Wolff 13 Minuten vor dem Ende ebenfalls stark gehalten hatte. „Mir geht das tierisch auf den Zeiger. Von wegen wir entscheiden alles alleine und lassen den Trainer außen vor. So ein Schwachsinn“, sagte Heinevetter. „Wir sind hier nicht als Einzelspieler hergereist, sondern als Mannschaft. Und da gehört der Trainer genauso mit dazu“, ergänzte er, „deshalb will ich so einen Mist nicht mehr hören.“ Andererseits rief die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) gegen mäßig begabte Tschechen wieder einmal nicht ihr spielerisches Potenzial ab und gab damit abermals Anlass zu grundsätzlicher Kritik. „Das können wir nicht so einfach wegbügeln, so nach dem Motto: Es ist eine Unverschämtheit, die deutsche Nationalmannschaft zu kritisieren“, sagte DHB-Vize Bob Hanning, „aber irgendwann muss auch mal Schluss sein.“

Das Positive aus deutscher Sicht ist, dass die Mannschaft ihre größtenteils durchschnittlichen Auftritte mit einem einzigen Sieg gegen Dänemark vergessen machen kann. „Wir müssen schauen, dass wir als Truppe – und jeder für sich – eine Schippe drauflegen, dann können wir die ganzen Diskussionen selbst beenden“, sagt Steffen Fäth, mit acht Treffern bester Werfer gegen Tschechien.

Zur Mannschaft gehört seit Samstag auch wieder ein Europameister von 2016: Nachdem Prokop im Verlauf der Vorrunde bereits Abwehrchef Finn Lemke nachnominiert hatte, lässt er nun Linksaußen Rune Dahmke vom THW Kiel nach Varazdin einfliegen, dafür streicht der Bundestrainer Newcomer Maximilian Janke aus dem Aufgebot, der reichlich Lehrgeld bei seinem ersten großen Turnier bezahlt hat. Dahmke ist vor allem als Entlastung für Kapitän Uwe Gensheimer gedacht, den nominell einzigen Linksaußen im deutschen Kader, der seine Galaform der vergangenen Monate in Kroatien noch nicht abrufen konnte. Gut möglich, dass der 24-Jährige bereits am Sonntag zum Einsatz kommt, wenn die auf dem Papier vielleicht beste Ansetzung im bisherigen Turnierverlauf ansteht: Europameister Deutschland gegen Olympiasieger Dänemark.

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