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Jean-Paul Boetius steht vor seinem ersten Derby mit Hertha BSC gegen Union.

© IMAGO/Treese

Wiedersehen im Berliner Derby: Darum hatten Boetius und Fischer Probleme miteinander

Jean-Paul Boetius von Hertha BSC und Urs Fischer vom 1. FC Union treffen im Derby auf. Sie haben eine gemeinsame Basler Vergangenheit. Es war keine gute.

Urs Fischer ist Trainer, kein Entertainer. Er wird dafür bezahlt, dass seine Mannschaft erfolgreich ist. Nicht dafür, dass sich die Journalisten bei Pressekonferenzen mit ihm unterhalten fühlen. Das macht es nicht immer ganz einfach. Für die Journalisten.

Wenn sie zum Beispiel von Fischer, dem Trainer des 1. FC Union, wissen wollen, warum er diesen Spieler aufgeboten hat und nicht jenen, dann hat er in der Regel eine passende Antwort parat. Sie lautet: „Weil der Trainer es so entschieden hat.“

Jean-Paul Boetius, der Mittelfeldspieler von Hertha BSC, hat ähnliche Erfahrungen mit Fischer gemacht. Von 2015 an hat er anderthalb Jahre unter ihm beim FC Basel gespielt. Es waren keine besonders erquicklichen Jahre für den Holländer, der bei seinem Wechsel 21 war, schon für die Nationalmannschaft seines Heimatlandes zum Einsatz gekommen war und im Ruf stand, über außerordentliches Talent zu verfügen.

Aus seiner Heimat war es Boetius gewohnt, die Dinge zu hinterfragen, miteinander zu diskutieren, auch mit Vorgesetzten. In der Schweiz aber stieß er mit dieser Art auf Widerstände. Vor allem bei Urs Fischer.

Jean-Paul Boetius (l.) nimmt Anweisungen seines Trainers Urs Fischer (r.) entgegen.

© imago/Buthmann

Wenn er mit etwas nicht einverstanden gewesen sei, habe er das gesagt. Wenn er etwas habe wissen wollen, habe er gefragt. Zum Beispiel wenn ihm der Sinn einer Übung im Training nicht gleich ersichtlich war.

Fischer „war nur wenig amüsiert darüber“, hat Boetius in einem Interview mit dem holländischen Fußballmagazin „Voetbal International“ gesagt. „Vielleicht hat das der Beziehung zwischen dem Trainer und mir nicht gerade geholfen.“

Vor allem hat dieses Interview Boetius nicht gerade geholfen. Nachdem es im ersten Jahr in Basel mit 19 Spielen und vier Toren noch passabel für ihn gelaufen war, spielte er in seiner zweiten Saison so gut wie gar keine Rolle mehr.

Er ist ein exzellenter Spieler, viel unterwegs, kreativ, kann den letzten Pass spielen.

Urs Fischer, Trainer des 1. FC Union, über seinen früheren Spieler Jean-Paul Boetius

In der Liga kam Boetius bis zur Winterpause nur zweimal zum Einsatz (72 Minuten, einmal in der Startelf), dazu dreimal im Pokal sowie einmal in der U 21 des FCB. Anschließend wechselte er leihweise zum KRC Genk – und riss mit dem Interview bei „Voetbal International“ gleich noch alle Brücken in die Schweiz ab.

Vielleicht passe er als Person nicht in die Schweiz, hatte Boetius dem Magazin gesagt, weil die Schweizer ja eher Ja-Sager seien. Die Spieler würden einfach nicken, wenn der Trainer eine Anweisung gibt. „Das ist schön für den Trainer. Er gibt einen Befehl und sie tun es, ohne zu hinterfragen, warum sie es tun sollten“, hat Boetius gesagt. „Ich war der Einzige mit ein bisschen Charakter.“

Anderthalb Jahre spielte Boetius in Basel

Für Fischer war Boetius damit unten durch. Als er mit dessen Aussagen konfrontiert wurde, entgegnete er lediglich: „Wenn einer ein ganzes Team als charakterlos bezeichnet, ist das Thema für mich beendet. Mehr sage ich dazu nicht.“

Dabei hatte er sich anfangs sehr wohlwollend über den Holländer geäußert, der von Feyenoord Rotterdam gekommen war und damals noch vornehmlich als Linksaußen spielte: „Ich denke, er ist einer dieser Typen, von denen man ständig sagt, dass sie aussterben. Einer, der noch ein Dribbling wagt. Einer, der unheimliche Dynamik entwickeln kann und die Gegner verwirrt.“

Tatsächlich gab es für Boetius nach seinen kritischen Äußerungen keine Zukunft mehr in Basel. Nachdem Genk die Kaufoption hatte verstreichen lassen, kehrte er zu seinem Heimatverein Feyenoord zurück, ehe er zum FSV Mainz 05 in die Bundesliga wechselte und dort von Sandro Schwarz zum zentralen Mittelfeldspieler umfunktioniert wurde. Auch Urs Fischer hat längst festgestellt, dass Boetius mit inzwischen 28 Jahren ein ganz anderer Spieler ist als in ihrer gemeinsamen Zeit in Basel.

Nicht die beste Phase seiner Karriere. Vor allem in seiner zweiten Saison beim FC Basel saß Boetius oft auf der Bank.

© imago/Geisser

„Damals war es ein großes Thema, dass ich nicht sofort mitverteidigt habe“, erinnert sich Boetius. „Er fand einfach: ,Djanga, du musst schneller zurücklaufen.‘ Das hat mir damals vielleicht ein paar Mal gefehlt. Jetzt bin ich sehr aktiv in der Defensivarbeit, aber ich spiele jetzt auch auf einer völlig anderen Position.“

An diesem Samstag treffen sich Fischer und Boetius wieder: als Rivalen im Berliner Derby zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Union (15.30 Uhr, live bei Sky). Als Unions Trainer am Tag vor dem Spiel auf seinen ehemaligen Schützling angesprochen wird, muss er ein wenig schmunzeln. Von den alten Unstimmigkeiten ist nichts geblieben.

Boetius lobt Fischer: „Er macht einen richtig guten Job.“ Und Fischer lobt Boetius: „Er hat viel dazu gelernt, wenn ich mich an seine Zeit in Basel erinnere.“ Boetius habe damals das Gefühl gehabt, es gehe von alleine. „Er war nicht immer einverstanden mit dem, was ich ihm gesagt habe.“ Aber das sei inzwischen ausgeräumt.

„Er ist ein exzellenter Spieler, viel unterwegs, kreativ, kann den letzten Pass spielen“, sagt der Unioner über den Herthaner. „Mittlerweile ist er sich auch nicht zu schade, defensiv Verantwortung zu übernehmen, das hatte er in Basel noch nicht so auf dem Schirm.“

Seit der gemeinsamen Zeit in Basel sind sich Urs Fischer und Jean-Paul Boetius schon einige Male begegnet. Nur in Berlin noch nicht. „Nein“, sagt Herthas Mittelfeldspieler und lacht. „Ich treffe mich nicht so oft mit Rivalen.“

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