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Wirtschaft: Berliner Süßwaren-Mafia stiehlt 100 Tonnen Schokolade

BERLIN/KÖLN .Kölns Schokoladen-König Hans Imhoff ist sauer: "Beschissen is dat", schimpft der geübte Büttenredner über sein jüngstes Berlin-Abenteuer.

BERLIN/KÖLN .Kölns Schokoladen-König Hans Imhoff ist sauer: "Beschissen is dat", schimpft der geübte Büttenredner über sein jüngstes Berlin-Abenteuer."Aber gegen Bandenkriminalität kann man sich nicht schützen - dat ist wie wenn die Frau fremd geht." Der Senior-Chef der Kölner Schokoladen-Schmiede Stollwerck AG hat in der deutschen Hauptstadt einen empfindlichen Verlust erlitten: Mehr als eine Million Tafeln Schokolade haben sie ihm hier geklaut.

Wie die 100 Tonnen aus dem Berliner Abpack-Lager verschwinden konnten, ist selbst der Berliner Kriminalpolizei unklar.Die Soko Schoko ermittelt noch.Imhoff selbst war es, der der Süßwaren-Mafia auf die Schliche kam: Supermärkte im ganzen Bundesgebiet hatten Stollwerck-Tafeln für 49 Pfennig im Angebot.Unter 60 Pfennig jedoch, das wußte Imhoff, konnten die Händler keinen Profit machen.So ließ er den Abpack-Betrieb unter die Lupe nehmen, die Schoko-Schieberein flogen am vergangenen Wochenende auf."Bis jetzt wissen wir, daß 1,2 Millionen Tafeln gestohlen worden sind", erklärte Imhoff dem Tagesspiegel: "Das entspricht einem Schaden von etwa 1 Million Mark."

Ein empfindlicher Verlust, denn das Schokoladen-Geschäft läuft wegen der aktuellen Konjunktur- und Absatzkrise in Ost-Europa ohnehin nicht gerade bombig.Die Russen-Mafia, wie zuerst spekuliert wurde, ist aber offenbar nicht verwickelt: Die "Bild"-Zeitung weiß von Spuren, die zu einem dubiosen Zwischenhändler in Frankfurt (Main) führen.Immerhin: "Mittäter innerhalb unserer Firma gibt es nicht", ist sich der Stollwerck-Chef auch sicher.Den Supermärkten, die die Hehler-Ware im Sortiment hatten, will Imhoff jedenfalls keinen Vorwurf machen: "Im Zweifel hat das der Chef nicht gewußt." Er kann schon verstehen, daß Einzelhändler nicht widerstehen können, wenn ihnen Neuware zum Bruchteil des normalen Preises angebeoten wird."Der Markt", weiß der 76jährige aus Erfahrung, "ist hart."

Imhoffs Freude am Berliner Engagement - in Marienfelde arbeiten rund 650 Mitarbeiter für die Stollwerck AG - ist ein bißchen getrübt.Bei der gestohlenen Ware "handelt es sich ausschließlich um unsere Qualitätsmarke Sarotti-Schokolade, die ja gerade in Berlin besonders beliebt ist", sagte Imhoff, der im Ehrenamt als Konsul für die Republik Togo tätig ist.Allerdings hat der Rheinländer schon früh bewiesen, daß er zum Engagement im Osten der Republik steht.Erst im vergangenen Jahr eröffnete Stollwerck eine Gebäck- und Schokoladenfabrik im sächsischen Wurzen - Imhoff wollte hier ganz bewußt "ein Zeichen für den Wiederaufbau setzen." Rund 300 Beschäftigte fertigen dort 14 verschiedene Schokoladen- und Kekssorten.Inzwischen hat die Fabrik eine Jahreskapazität von 15 000 Tonnen erreicht und will weitere Mitarbeiter einstellen.

Warum der wohl größte Schokoladen-Diebstahl der Geschichte sich ausgerechnet in Deutschland zugetragen hat, ist für die Besucher der zur Zeit in Köln stattfindenden Internationalen Süßwarenmesse keine Frage: Nach den Schweizern sind die Deutschen die größten Schokoladen-Esser der Welt.Mit 10,12 Kilogramm pro Kopf und Jahr liegen sie nur knapp hinter den 10,18 Kilogramm der Eidgenossen.Nach der Statistik, die die Münchner Unternehmensberatung Roland Berger den Messegästen am Montag vorlegte, folgen darauf mit 9,52 Kilogramm Jahresverbrauch die Österreicher.Die Iren rangieren mit nur 8,76 Kilogramm pro Kopf und Jahr am unteren Ende der europäischen Schokoladen-Hitliste.Nur die US-Amerikaner essen mit 5,31 Kilogramm Schokolade noch weniger.Auf der Kölner Messe zeigen bis zum 4.Februar 1436 Anbieter aus 72 Ländern süße Neuheiten vom Euro-Lolli bis zu krümelfreien Keksen.

DANIEL WETZEL

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