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Am Donnerstag entscheidet die Europäische Zentralbank, wie es mit den Leitzinsen weiter geht.

© dpa

Finanzmärkte: Riskante Anlagen haben Hochkonjunktur

Weil die Zinsen niedrig sind, setzen Anleger wieder verstärkt auf riskante Investitionen. Die Schattenbanken wachsen - die Finanzaufsicht Bafin ist alarmiert.

Frankfurt am Main - Es war eine Altlast aus der Finanzkrise: Völlig unfreiwillig war die Deutsche Bank 2008 zur Besitzerin eines Kasinos in Las Vegas geworden. Der Investor hatte seine Kredite nicht mehr zahlen können. Jahrelang versuchte die Bank, die Immobilie abzustoßen. Doch fündig wurden die Banker erst vor zwei Wochen: Der Finanzinvestor Blackstone griff zu und zahlte 1,7 Milliarden Dollar für das Objekt.

Was gestern verscherbelt wurde, gilt heute als lukrativ

Auch an den Finanzmärkten ist das Kasino augenscheinlich wieder geöffnet. Was gestern noch als unverkäufliche Anlage in den Bad Banks – den Müllhalden der Banken für schlechte oder hochriskante Papiere – ruhte, gilt plötzlich wieder als lukratives Investment. Egal, ob die Commerzbank faule Schiffskredite losschlägt oder die Unicredit riskante Projektfinanzierungen: „Wenn Banken ihre Lasten loswerden wollen, stehen die Käufer Schlange“, sagt Nathan Flanders von der Ratingagentur Fitch. So werden Europas Banken in diesem Jahr Kreditportfolios im Wert von 80 Milliarden Euro verkaufen, schätzt die Beratungsfirma PWC. Das ist fast achtmal so viel wie 2010. Zu den Käufern gehören vor allem Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften. Wegen der notorischen Niedrigzinsen, die nach der für Donnerstag erwarteten Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) wohl noch verschärft werden dürften, suchen sie derzeit verzweifelt nach Rendite.

Die Deals sind gesamtwirtschaftlich gefährlich

Die Deals mögen für Käufer und Verkäufer von Vorteil sein, doch gesamtwirtschaftlich gesehen sind sie brandgefährlich: Denn die Risiken verschwinden nicht aus dem System, sondern wandern ab in jene dunklen Nischen, die die Regulierer auch sechs Jahre nach dem Beginn der Finanzkrise noch immer nicht ausleuchten können. Elke König, Chefin der Finanzaufsicht Bafin, freut sich zwar, dass die Banken ihren Müll endlich loswerden. Aber auch sie fürchtet, dass das Risiko „nur woanders ist, und zwar dort, wo wir nichts ausrichten können“. Im „Handelsblatt“-Interview fordert sie: „Es muss mehr Transparenz geben.“ Doch genau daran hapert es. Zwar haben die G-20-Staaten schon 2009 versprochen, die Schattenbanken ans Tageslicht zu holen. Doch Sheila Bair, Ex-Chefin der US-Einlagensicherung, stellt fest: „Wir wissen einfach viel zu wenig.“

Die Parallelbanken werden immer größer

Gefahr droht auch, weil die Parallelbanken immer größer werden. Zuletzt wuchs ihr Markt innerhalb von zehn Jahren von 45 auf 71 Billionen Dollar, wie der Finanzstabilitätsrat schätzt. Gleichzeitig unterliegen sie keiner Einlagensicherung, die eine Investorenpanik eindämmen könnte. Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret sieht daher „eine latente Gefahr von Runs auf die Akteure“. Krisen im Schattenreich könnten die Stabilität des ganzen Systems gefährden. Kein Wunder, dass Bafin-Chefin Elke König nun ein „globales Regelwerk für Schattenbanken“ fordert. Aber sie weiß: Der Weg dorthin ist weit.

Elisabeth Atzler, Yasmin Osman

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