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Wirtschaft: Stromrebellen dringen ins Bewag-Reich vor

BERLIN (dw).Eine Reihe von großen Stromkunden der Bewag prüfen nach Informationen des Tagesspiegels, zur Konkurrenz abzuwandern.

BERLIN (dw).Eine Reihe von großen Stromkunden der Bewag prüfen nach Informationen des Tagesspiegels, zur Konkurrenz abzuwandern.An der Spitze der Stromrebellen: Bundeswirtschaftsminister Werner Müller.Wie sein Sprecher am Montag bestätigte, soll nicht die Bewag automatisch für die Energieversorgung des neuen Berliner Amtssitzes zuständig sein: "Der Auftrag wird nach dem Umzug in die Scharnhorststraße bundesweit ausgeschrieben." Die Schutzklauseln, mit denen die Bewag bislang die Durchleitung von Konkurrenzstrom verhindert hatte, sind dabei nach Auffassung des Energierechtsexperten Kurt Markert "angreifbar".

Schon jetzt dringen immer mehr Konkurrenten in das ehemalige Gebietsmonopol der Bewag ein: Nachdem die Hamburger HEW Verträge zur Belieferung der Daimler-Tochter debis am Potsdamer Platz und des Mercedes-Werks in Marienfelde abgeschlossen haben, bestätigte der Nestle-Konzern nun, daß die Bewag als Stromlieferant für die Schokoladenfabrik an der Berliner Teilestraße ausgebootet wird: Yes-Törtchen sollen nach dem Auslaufen des Bewag-Vertrages mit Strom aus Baden-Württemberg (EnBW) produziert werden.

Wie eine Umfrage ergab, haben inzwischen viele große Stromkunden der Bewag zumindest Angebote von auswärtigen Anbietern eingeholt: Darunter das Abgeordnetenhaus, die Messe Berlin und der größte Industriebetrieb der Stadt, Schering AG."Seit zwei Monaten schauen wir uns intensiv nach alternativen Strom-Lieferanten um", bestätigte eine Schering-Sprecherin am Montag.Ende Januar solle darüber entschieden werden, ob und wenn ja zu welchem Konkurrenten Schering wechselt."Natürlich schauen wir uns auf dem Markt um", bestätigte auch die Messe Berlin GmbH: "Das sind wir als Wettbewerbsunternehmen unseren Ausstellern einfach schuldig."

Andere Großkunden kann die Bewag offenbar nur mit massiven Preisnachlässen bei der Stange halten: So erhielt die Siemens AG in Berlin von der Bewag rückwirkend für das Geschäftsjahr 1996/97 einen Preisnachlaß von 15 Prozent, wie die Berliner Konzernsprechering Ilona Thede bestätigte.Dies zusätzlich zu der 15-prozentigen Tarifsenkung für die Bewag-Industriekunden in den vergangenen Jahren.Auch für das Geschäftsjahr 1997/98 habe die Bewag Siemens erneut einen dreiprozentigen Preisnachlaß gewährt, sagte Thede.

Auch das prestigeträchtige "Haus der deutschen Wirtschaft", dem neuen Hauptsitz von BDI, BDA und DIHT in Mitte, hat die Bewag zwar als Kunden halten können.Dies allerdings nur nach "vertraglichen Zugeständnissen", wie ein BDI-Sprecher sagte.Dabei nimmt der Druck der Nachfrage-Seite weiter zu.Berlins unabhängiger Energiebroker, die Ampere AG, tritt in der nächsten Woche im Auftrag von über 100 Kunden in Verhandlung mit der Bewag ein, um Preissenkungen durchzusetzen.Dem Vernehmen nach - Ampere wollte Branchengerüchte nicht bestätigen - gehören zur Gruppe größere Berliner Mittelständler wie Möbel Hübner und Großbäckereien.

Die Schutzklauseln, mit denen die Bewag bislang die Durchleitung fremden Stroms verweigerte, werden nach Auffassung des Energierechtsexperten Kurt Markert nicht lange Bestand haben."Die Rechtsauffassung der Bewag ist absolut unhaltbar", erklärte der ehemalige Abteilungsleiter im Bundeskartellamt, der das neue Energiewirtschaftsgesetz in wesentlichen Teilen mitgestaltet hatte.Der Bewag-Strom stamme nur zum kleinen Teil aus wirklich "wärmegeführten" Kraftwerken oder aus Braunkohle-Werken.Er rechne damit, daß das Bundeskartellamt die Bewag schon bald "per einstweiliger Anordnung" zur Durchleitung von Konkurrenz-Strom zwingen wird.

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