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Wirtschaft: Washington will Farmern alle Subventionen streichen

GENF .Wenn Charlene Barshefsky an die Agrarpolitik der Europäischen Union erinnert wird, schlägt sie harte Töne an.

GENF .Wenn Charlene Barshefsky an die Agrarpolitik der Europäischen Union erinnert wird, schlägt sie harte Töne an.Ein "Skandal" sei das hochsubventionierte Brüsseler System, ein "Affront" für den freien Welthandel.Regelmäßig droht die Handelsbeauftragte der USA, ihre Regierung werde "auf ein aggressives Deregulieren der weltweiten Agrarmärkte drängen".Damit meint Barshefsky in erster Linie den lukrativsten Markt für Agrarerzeugnisse der Welt, die EU.Ungeduldig erwartet Frau Barshefsky die für Ende 1999 anberaumten Liberalisierungsgespräche in der Welthandelsorganisation (WTO).Dann kann die resolute Strategin ihrem Ziel ein beträchtliches Stück näher kommen.Genfer Handelsdiplomaten fürchten jedoch ein quälendes Feilschen zwischen den Agrarunterhändlern der ökonomischen Supermächten USA und EU.

Die USA fühlen sich für die WTO-Gespräche gut gerüstet.Das 1996 verabschiedete Reformgesetz für die US-Landwirtschaft kommt einem Abschied aus dem Subventionsparadies für amerikanische Farmer gleich.Bis 2002 will Washington sämtliche Zuschüsse für die Agrarbetriebe streichen.Allerdings versüßt die US-Regierung ihren Bauern den Anpassungsprozeß.Im vergangenen Sommer konnte die Agrarlobby vorzeitig die erste Tranche eines Übergangsgeldes in Höhe von 5,5 Mrd.Dollar loseisen.Im Oktober ließ sich Clinton abermals nicht lumpen: sechs Mrd.Dollar flossen direkt in die Kassen der Farmer.Die Hilfe für verschiedene Naturkatastrophen kam kurz vor den Kongreßwahlen besonders gut an.Beamte aus dem US-Agrarministerium bestehen darauf, daß jeder Staat Zahlungen an seine Landwirtschaft richten kann, "solange sie nicht die Preise im internationalen Handel verzerren".Insofern sei die US-Politik mit den Regeln des Welthandels kompatibel.

Währenddessen spitzt sich der Kampf in der EU um eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik zu.Der für die Landwirtschaft zuständige EU-Kommissar Franz Fischler hat sein Agenda 2000 genanntes Paket vorgelegt, das aber noch nicht von den Mitgliedern abgesegnet worden ist.Ziel ist es, die Garantiepreise für Agrarprodukte zu senken.Nach der Agenda 2000 sollen die Abnahmepreise für Rindfleisch um 30 Prozent, für Getreide um 20 Prozent und für Milch um 15 Prozent heruntergefahren werden.Im Gegenzug sollen die europäischen Bauern in Zukunft mehr direkte Einkommenshilfen erhalten.Neben einer besseren Startposition bei der WTO verspricht sich die EU-Kommission von der Agenda 2000 geringere Kosten im Zuge der Osterweiterung der Union.Rückendeckung erhält die EU-Kommission aus Bonn.Während der alte Landwirtschaftsminister Borchert sich als Bremser einer stärker marktorientierten EU-Agrarpolitik profilierte, will der neue Bauernminister Karl-Heinz Funke die Agenda 2000 während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft durchpauken.

JAN DIRK HERBERMANN

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