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15.9.2022, Berlin: Ein BVG-Bus fährt am Zoologischen Garten vorbei. Berlin bekommt ein zeitlich befristetes  29-Euro-Ticket für den Nahverkehr. Es soll von Oktober bis Dezember nur innerhalb der Stadt gelten und nur im Abo zu haben sein. Für einzelne Monate ist es nicht zu kaufen. Foto: Jörg Carstensen/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© Foto: dpa/Jörg Carstensen

Semesterticket-Einigung: Denkt endlich stärker an Studierende!

Die De-facto-Preissenkung beim Berliner Semesterticket ist gut und überfällig. Die zähen Verhandlungen zeigen aber auch exemplarisch, dass die Belange von Studierenden in der Politik oft nachrangig sind.

Ein Kommentar von Tilmann Warnecke

Das scheint ja gerade noch einmal gut gegangen zu sein mit dem Semesterticket in Berlin. Die jetzt gefundene Zuschusslösung senkt den Preis für den Fahrschein deutlich. Alles andere wäre Studierenden nicht vermittelbar gewesen vor dem Hintergrund, dass sich Rot-Grün-Rot in Berlin mit verbilligtem ÖPNV für alle anderen gesellschaftlichen Gruppen schmückt.

Der Schaden, den die zähen Verhandlungen angerichtet haben, ist dennoch groß. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg stellte sich bis zuletzt bockbeinig. Die zuständige Verkehrssenatorin Bettina Jarasch hatte offenbar lange nicht wirklich auf dem Schirm, dass zulasten der Studierenden ein Desaster droht.

Dass Verkehrs- und Wissenschaftsverwaltung die Verhandlungen an sich ziehen, wie jetzt geschehen, wäre viel früher nötig gewesen.

Der Vorgang ist leider bezeichnend für den Umgang der Politik mit Studierenden. In der Pandemie spielten ihre Belange oft keine Rolle.

Nur ein zum Thema passendes Beispiel: Obwohl die Hochschulen lange geschlossen waren, durften Studierende ihr Semesterticket nicht aussetzen. In der aktuellen Krise wiederholt sich das Muster. Beim Neun-Euro-Ticket des Bundes im Sommer und beim 29-Euro-Ticket, das Berlin im Anschluss aufsetzte, waren Studierende erneut benachteiligt. Bis ihnen etwa die Differenz zum Neun-Euro-Ticket erstattet wurde, dauerte es auch in Berlin Monate.

Es wird allerhöchste Zeit, dass die Studierenden wieder ins Zentrum der Politik geraten, im Bund genauso wie in Berlin. 200.000 Studierende leben in der Stadt. Sie sind die dringend benötigten Fachkräfte der Zukunft, finanziell aber enorm unter Druck.

Wahlkampf hin oder her: Schon jetzt muss sich Rot-Grün-Rot ernsthaft Gedanken machen, wie es mit dem Semesterticket im Winter 2023/24 weitergeht. Eine langfristig günstige und faire Lösung muss her. Für eine Koalition, die sich so gerne soziale Gerechtigkeit, Verkehrswende und die „Brain City“ auf die Fahnen schreibt, sollte das eine Selbstverständlichkeit sein.

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