zum Hauptinhalt
Das Architekturbüro ISSS research ging als Sieger aus dem im April 2022 abgeschlossenen wettbewerblichen Dialogverfahren zur Neugestaltung des ULAP-Quartiers am  Hauptbahnhof hervor.

© ISSS research | architecture | urbanism

Letztes Filetstück am Hauptbahnhof: ULAP-Quartier wird Hochhausstandort

Wettbewerbliches Dialogverfahren für neues Stadtquartier abgeschlossen. Unter anderem sind 400 Wohnungen vorgesehen.

Neben dem Hauptbahnhof entsteht auf dem sogenannten ULAP-Quartier ein neuer Hochhausstandort. Geplant sind auf dem historisch gesehen ersten Messegelände Berlins, dem ehemaligen Universum Landes-Ausstellungs-Park im Ortsteil Moabit, insgesamt fünf Gebäude mit Höhen von 41 Meter bis zu 101 Meter. Sie werden zwischen 13 und 27 Geschosse haben.

Gebäude über drei Geschosse können wir uns am Hauptbahnhof gar nicht mehr leisten.

Petra Kahlfeldt, Senatsbaudirektorin

„Gebäude über drei Geschosse – wie bisher – können wir uns in dieser Ortslage gar nicht mehr leisten“, sagte Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt bei einem Rundgang über das 3,9 Hektar große Areal. Hier wird das ehemalige Landeslabor Berlin-Brandenburg in der Invalidenstraße 60 derzeit von der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) zum Abriss vorbereitet.

Hätte es nicht erhalten und instandgesetzt oder umgebaut werden können? Kahlfeldt verneint. „Man kann hier höher bauen, man kann die Fläche anders ausnutzen. Das ist ja auch ein Ziel.“ Überdies seien in dem Gebäude aus den siebziger Jahren viele Schadstoffe „verbacken“ worden – zum Beispiel zwischen Decken und Estrichen. In den Innenwänden seien überdies hohe Schwefelkonzentrationen eingeschlossen.

40.000
Quadratmeter für den Wohnungsbau sollen am Hauptbahnhof neu entstehen.

Das im April 2022 abgeschlossene wettbewerbliche Dialogverfahren für das neue Stadtquartier legt die Rahmenbedingungen für die Neuordnung fest. Es ging in dem Wettbewerb um Quantitäten: 20.000 Quadratmeter für die weitere Ansiedlung städtischer Verwaltung, 40.000 Quadratmeter für den Wohnungsbau, die Vergrößerung der Verkaufsfläche des bereits dort ansässigen Aldi-Supermarktes auf 1270 Quadratmeter. Platz wird dort zudem geschaffen für eine integrierte Sekundarschule für bis zu 550 Kinder.

80 Wohnungen sind vorgesehen

Über dem Aldi sind circa 80 Wohnungen geplant“, sagte Werner Schlömer, in der Senatsbauverwaltung Teamleiter in der Abteilung Städtebau und Projekte. Eher kleinere Einheiten sollen entstehen, zum Beispiel für Studierende. Am geplanten Quartiersplatz und an der Invalidenstraße sollen Einzelhandel, Kultur und Gastronomie Plätze finden – gerne entlang eines grünen Boulevards, vielleicht an einem Arkadengang – wenn es nach Petra Kahlfeldt ginge. Ein Architekturwettbewerb soll die quantitativ definierten Festlegungen nun qualifizieren.

So weit der Plan. Aber es gibt noch etliche Fragezeichen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen bemüht sich um Abstimmungen mit der Deutschen Bahn und der BVG. Ihnen gehören Gleisanlagen beziehungsweise Flächen unter der Hochbahnstrecke, die in die Planungen einbezogen werden könnten. „Die BVG meint, aus Sicherheitsgründen könne sie eine Überquerung dieser Gleisanlage nicht zulassen. Auch der Dialogprozess, mit dem wir in der Deutschen Bahn sind, dreht sich darum“, sagt Schlömer. Es kämen nur solche Nutzungen infrage, die Wartungsarbeiten an den Brücken und Gleisanlagen nicht behindern. Außerdem achtet die Deutsche Bahn auf eine kommerzielle Verwertung ihrer Flächen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Kahlfeldt hätte gerne eine Treppe, die vom ULAP-Quartier in die Bahnhofshalle hinauf- bzw. hinunterführt. „Da tut sich die Bahn natürlich schwer, weil es eine Investition wäre“, sagt Schlömer.

Weitere Abstimmungen zieht die Einquartierung von Teilen der Justizverwaltung nach sich: „Wenn hier die Polizei hineinkommt, dann gibt es da natürlich auch Einsatzfahrzeuge“, gibt Kahlfeldt zu bedenken: „Aber wo ist die Einfahrt? Wo ist die Ausfahrt?“

Derzeit auch noch offen ist, wie Berlins Landeskonservator, Christoph Rauhut, besänftigt wird, der unglücklich darüber ist, das Denkmal „Urania Saal“ zwischen zwei Hochhäuser am Quartiersplatz „einzuklemmen“. Über einen anderen Erinnerungsort ist noch gar nicht gesprochen worden.

Die Ausschreibung für einen städtebaulichen Rahmenplan für das ULAP-Quartier hätte wohl anders aussehen müssen, wollte sich Berlin der Tausenden von Toten aus der Entscheidungsschlacht von Großbeeren (23. August 1813) erinnern, deren Knochen hier vergraben wurden. Auf dem Gelände wurden zudem in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges per Genickschuss 16 Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus exekutiert, darunter Klaus Bonhoeffer, der ältere Bruder von Dietrich Bonhoeffer, und Albrecht Haushofer.

„Dies wird auch Dank Ihrer Tagesspiegel-Recherchen auf jeden Fall eine Rolle spielen“, sagte Kahlfeldt. „Ich bin dafür, die Stadt als generationenübergreifendes Miteinander von Häusern und Räumen zu sehen.“ Vielleicht sei der Urania-Saal oder sogar die Schule ein geeigneter Ort, um an die Schichten der Geschichte zu erinnern. Mit einem Baustart ist frühestens in einem Jahrzehnt zu rechnen, mit der Fertigstellung im Idealfall in zwölf Jahren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false