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Aufeinandertreffen vor Gericht: die Musikjournalistin Steph Karl und der AfD-Politiker Kai Borrmann.

© Julius Geiler

Nach mutmaßlich rassistischer Beiß-Attacke: So rechtfertigt sich der Berliner AfD-Politiker vor Gericht

Am Mittwochmorgen musste sich der AfD-Bezirksverordnete Kai Borrmann vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Ein Urteil wird erst Anfang Februar erwartet.

Im Sommer 2021 soll der AfD-Kommunalpolitiker Dr. Kai Borrmann die Musikjournalistin Steph Karl und eine Freundin in Berlin-Mitte mutmaßlich aus rassistischen Motiven beleidigt und attackiert haben. Am Mittwochmorgen begann im Amtsgericht Tiergarten die Verhandlung, in der sich der 56-jährige wegen Beleidigung und Körperverletzung verantworten muss.

Dem Verordneten der Bezirksversammlung Mitte wird unter anderem vorgeworfen, die 30-jährige Karl und ihre Freundin mehrmals in einem Café als „N***r“ bezeichnet zu haben. Als die beiden Frauen das Bistro daraufhin verließen, soll Borrmann sie verfolgt und körperlich attackiert haben. Moderatorin Steph Karl erlitt unter anderem eine großflächige Bisswunde, die nach Aussage der in Kenia geborenen Karl, erst nach einem Jahr vollständig verheilte.

Zu Beginn der Verhandlung kam es vor allem zur Diskussion um die vom Gericht abgewiesene Nebenklage von Karls Freundin. Diese soll im Rahmen der Tat zwar beleidigt, aber nicht körperlich attackiert worden sein. Auch aus diesem Grund verteidigte die Richterin die Ablehnung als Nebenklägerin, zusätzlich verwies sie darauf, dass die Folgen der Tat bei Karls Freundin für eine Nebenklage nicht schwer genug wiegen würden. Zwar sei die 29-jährige durch den Vorfall psychisch geschädigt worden, aber nicht im ausreichenden Maße, dass dies eine weitere Nebenklage zulassen würde, begründete die Vorsitzende ihre Entscheidung.

Borrmann: „N***r ist ein Kennzeichenterminus“

In seiner Aussage stellte Borrmann die Situation aus dem August vor anderthalb Jahren schließlich gänzlich anders dar. Die beiden Frauen hätten ihn unvermittelt angegriffen, mit dem Biss wollte er sich aus den Fängen Karls befreien, erklärte der AfD-Politiker.

Zuvor hätte er sich im Außenbereich des Cafés in das Gespräch der Frauen eingemischt, um ihnen deutlich zu machen, dass sie „Unsinn“ reden. „Ich störte mich sehr daran, wie sie miteinander geredet haben. Sehr aufgeregt, sehr heftig. Ich hatte Probleme, bei dem Gespräch an meinem Tisch zu bleiben“, berichtete der Bezirksverordnete und Islamwissenschaftler im Gerichtssaal.

Gleichzeitig gab der 56-jährige zu, damals wiederholt das Wort „N***r“ gebraucht zu haben, allerdings nicht als Beleidigung, sondern als „Kennzeichenterminus“. Wie auch das Wort Mohr seien die Begriffe keine Schimpfworte für ihn, erläuterte Borrmann. Während der Äußerungen wurde er wiederholt von der Richterin auf Widersprüche in seinen Schilderungen des Tatablaufs hingewiesen. Den mutmaßlich rassistischen Vorfall habe er zunächst als „merkwürdige Kuriosität“ abgetan, sagte der AfD-Politiker vor Gericht.

Warum mischte sich Borrmann in das Gespräch ein?

Auch Karl wurde als Zeugin vor Gericht vernommen. Sie trat außerdem als Nebenklägerin auf. „Er hat mich herabgewürdigt, als wäre ich weniger wert, er wollte zeigen, dass er über mir steht“, sagte die 30-Jährige unter Tränen. Außerdem habe sie von Anfang an nicht verstanden, wieso sich Borrmann überhaupt in das Gespräch mit ihrer Freundin einmischte, „es muss sehr langweilig gewesen sein an seinem Tisch“, sagte Karl. Sie habe in ihrem Leben noch nie so viel Angst gehabt wie in der Situation der körperlichen Attacke durch Borrmann, erklärte die Musikjournalistin.

Ein Anwohner der Köpenicker Straße, der damals durch die Schreie der Frauen auf die Situation aufmerksam wurde, berichtete, dass er angesichts der Verletzungen Karls zunächst an einen „Hundebiss“ gedacht habe. Aus dem Fenster habe er zunächst eine laute Männerstimme gehört, die immer wieder das „N-Wort“ rief sowie weibliche Hilfe-Schreie. Als er daraufhin auf die Straße stürmte, um den Frauen zu helfen, habe er die männliche Stimme eindeutig Dr. Borrmann zuordnen können, berichtete der Zeuge.

Das Urteil wird erst im Februar fallen, weil noch etliche weitere Zeugen angehört werden sollen – darunter die Soziologin Cornelia Koppetsch, die als feste Partnerin des AfD-Politikers im August 2021 gemeinsam mit Borrmann das Café in Mitte besuchte, in der die Attacke ihren Anfang nahm.

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