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Ein kleines Mädchen in einem Evakuierungszug in Kramatorsk.

© IMAGO/ZUMA Wire/IMAGO/Andriy Andriyenko

Ukraine-Invasion, Tag 812: Diese Menschen halten die ukrainische Bahn am Laufen

Selenskyj spricht von teils stabilisierter Lage bei Charkiw, Ukraine greift erneut russischen Militärflugplatz auf Krim an. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Als der russische Krieg gegen die Ukraine begann, gab es viel Erstaunen darüber, dass es das angegriffene Land schaffte, seinen Zugverkehr aufrechtzuerhalten. Viel wurde damals darüber geschrieben, auch bei uns (unter anderem hier). Hinter dem großen System stecken ganz viele kleine persönliche Geschichten. Der niederländische Fotograf Jelle Krings hat für den britischen „Guardian“ über zwei Jahre Bahnarbeiter begleitet und zeichnet nach, wie sich ihr Leben und ihre Arbeit durch den Krieg verändert haben (Quelle hier).

Da ist etwa Oleksandr Petrov. Er machte sich nach der Zurückeroberung von Cherson im November 2022 daran, die zu der südukrainischen Stadt führenden Gleise zu reparieren. Dass das Risiko groß war, war ihm bewusst. Dann geschah das Unglück: Die Arbeiter fuhren über eine Mine, Petrov verlor sein Bein. Auf den Bildern des Fotografen zeigt er seine Prothese. Seither arbeitet er am Schreibtisch.

Auch den Eisenbahnknotenpunkt Lyman in der östlichen Region Donezk wollen die Menschen, die dort leben, nicht im Stich lassen. Obwohl sie viel verloren haben: zerstörte Häuser durch Bombenangriffe, einige Einwohner wurden verletzt, andere kamen ums Leben. Die Familien in der Gemeinde bleiben nun die meiste Zeit in ihren Kellern im Untergrund, denn die Frontlinie ist noch immer zu nah. 

Die Brüder Mykolaychuk wiederum leben in einem Wohnhaus im Zentrum von Podilsk in der südukrainischen Region Odesa. Beide sind Lokomotivführer in der fünften Generation. Vor der Invasion transportierten sie vorwiegend Getreide aus der Region zum Hafen von Odesa. Jetzt geht es für sie weiter östlich an die Frontlinien. Sie fahren Waffentransporte oder befördern Menschen, die aus den Regionen evakuiert werden müssen.

Dies sind nur drei Beispiele aus dem Bericht des „Guardian“ über die große Eisenbahnerfamilie der Ukraine. Wie viele Menschen insgesamt das Bahnsystem am Laufen halten? Auch diese Frage beantwortet der Foto-Essay: Es sind mehr als 230.000 Ukrainerinnen und Ukrainer.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Im Osten der Ukraine hat sich die Lage in der angegriffenen Region Charkiw nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj teils stabilisiert. „Der Besatzer, der in die Region Charkiw eingedrungen ist, wird mit allen verfügbaren Mitteln vernichtet“, sagte Selenskyj in seiner Videobotschaft. „Artillerie, Drohnen und unsere Infanterie arbeiten ziemlich akkurat.“ Mehr hier.
  • Zur Lösung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine halten Moskau und Peking nun eine politische Einigung für eine geeignete Option. „Beide Seiten sehen eine politische Einigung als den richtigen Weg, um die Ukraine-Krise zu lösen“, sagte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping beim Staatsbesuch von Russlands Präsident Wladimir Putin. Mehr hier.
  • Der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko hat den russischen Truppen die Gefangennahme und Tötung von Zivilisten in der Stadt Wowtschansk im Gebiet Charkiw vorgeworfen. „Die ersten Erschießungen von Zivilisten durch das russische Militär wurden bekannt“, schrieb Klymenko am Donnerstag auf seinem Telegramkanal. Mehr in unserem Newsblog.
  • Die russische Staatsanwaltschaft fordert eine Haftstrafe von 17 Jahren für einen 77-jährigen Wissenschaftler, der geheime Informationen an den deutschen Geheimdienst weitergegeben haben soll. Das berichtet die russische Zeitung „Kommersant“. Anatoli Maslow (77) wird in einem Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit des Hochverrats beschuldigt. 
  • Großbritanniens Verteidigungsminister Grant Shapps hat angesichts der russischen Offensive auf die Region Charkiw davor gewarnt, die Ukraine nicht dauerhaft zu unterstützen. „Ich hoffe wirklich, dass das der Weckruf ist, den wir versucht haben zu senden und der nun gehört wird“, sagte Shapps dem Fernsehsender Sky News.
  • Russlands Streitkräfte haben innerhalb einer Woche in der Ukraine nach Schätzungen der Nachrichtenagentur AFP Geländegewinne von 278 Quadratkilometern erzielt. Bei ihrer Offensive in der Region Charkiw nahm die russische Armee zwischen dem 9. und 15. Mai 257 Quadratkilometer ein, wie AFP-Berechnungen ergaben.
  • Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth hat angesichts der jüngsten russischen Angriffe in der Ukraine eine Überarbeitung der Einsatzregeln für vom Westen gelieferte Waffen gefordert. Mit Russlands Angriffen auf die Region Charkiw gebe es eine „neue Phase des Krieges“, sagte Roth im ZDF-„Morgenmagazin“. Denn die Angriffe erfolgten direkt von russischem Staatsgebiet aus.
  • Die zweite Nacht in Folge hat die Ukraine den Militärflugplatz Belbek auf der seit 2014 von Moskau annektierten Halbinsel Krim mit Raketen beschossen. Dabei sei eine Treibstoffanlage getroffen worden und ein Feuer ausgebrochen, berichtete das unabhängige Internetportal Astra am Donnerstag.
  • Die Ukraine weist Angaben Russlands zurück, seine Truppen hätten das Dorf Robotyne in der Region Saporischschja im Süden eingenommen. „Diese Information ist nicht wahr“, erklärt der Sprecher des ukrainischen Militärs, Dmytro Pletentschuk, der Nachrichtenagentur Ukrinform zufolge. 

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