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Läuft. Kai Wissmann (links) klatscht Philipp Grubauer nach dem 8:1 gegen Lettland ab.

© imago/Andreas Beil/imago/Andreas Beil

Deutsches Team bei der Eishockey-WM: Keine Nominierungen, aber Wutreden

Der Bundestrainer haut angeblich auf den Tisch und schon läuft es beim deutschen Eishockey-Team, das nun bei der WM auf Kurs kommen kann.

Irgendwann musste sie kommen, die Nominierungsfrage. Schließlich ist ganz Deutschland dieser Tage im Nominierungsfieber. Also ist das auch ein Thema in Ostrava bei der Eishockey-Weltmeisterschaft, oder fast jedenfalls.

Da wurde Nichtfußball-Bundestrainer Harold Kreis am Mittwochabend nach dem grandiosen Auftritt seiner Nationalmannschaft beim 8:1 gegen Lettland tatsächlich noch gefragt, wen er denn für die Fußball-EM fürs deutsche Team nominieren würde. Kreis schaute kurz irritiert, fing sich schnell und sagte: „Ich habe genug mit meinen Nominierungen zu tun.“  

Implizierte ja womöglich auch eine Prise Respektlosigkeit, dem Bundestrainer kurz nach einem WM-Spiel seiner Sportart eine Fußballfrage zu stellen. Egal, wie populär der Fußball in Deutschland sein mag. Bei den Tschechen, aktuell Gastgeber der Eishockey-WM, wäre so eine Frage undenkbar. Da gibt es dieser Tage eben nur ein Thema, Eishockey.

Im Spielort Ostrava ist der Sport überall in der Stadt präsent; auf Werbeplakaten, Fernseher laufen überall und in jeder Kneipe, die für die Zeit der WM die Preise auch ein wenig angezogen haben, wie Einheimische berichten. Schließlich haben die vielen angereisten Fans aus Lettland, der Slowakei und dem nahe gelegenen Polen auch Hunger und Durst.

Die Deutschen haben mit ihren Erfolgen auch Erwartungen geweckt

Dass so viel Anhang aus diesen Ländern kommt, ist wenig überraschend, schließlich hat bei ihnen Eishockey (Ausnahme Polen) ganz andere Popularitätswerte als in Deutschland. Es sind zwar einige deutsche Fans in Ostrava, aber es ist enorm, dass Deutschland im Eishockey längst so stark ist, um mit Ländern, in denen das Eishockey Volkssport ist, mitzuhalten. Die guten WM-Platzierungen seit dem Gewinn der olympischen Silbermedaille 2018 belegen das und sie wecken natürlich auch Erwartungen.

So war trotz des 6:4 zum WM-Start gegen die Slowakei dem Team von Kreis schon anzumerken, dass es belastend sein kann, mit dem Signet Vizeweltmeister übers Eis zu laufen. Sie werden nun von Nationen wie die USA oder Schweden mehr respektiert als früher. Da ist der Ansporn, es gegen Deutschland besonders gutzumachen – was beiden gelang. Die Mannschaft von Kreis verlor die Spiele jeweils 1:6.

Vor dem Spiel gegen Lettland war also großer Druck da für das deutsche Team, laut „Bild“-Zeitung krachte es nach dem Schweden-Spiel auch gewaltig im Mannschaftshotel. Als die Spieler dort am Montag gegen Mitternacht ankamen, soll Kreis, ansonsten eher besonnener Vertreter, mit der Faust auf den Tisch gehauen und gerufen haben: „Jetzt reicht’s! Die WM beginnt für Euch jetzt!“

Fakt ist, dass die Deutschen beim 8:1 gegen Lettland endlich mit ihrer Identität gespielt haben. Sie müssen über läuferische Fähigkeiten und die Geschwindigkeit kommen, taktierendes Mauereishockey lässt sich mit dem Team nicht spielen. Wenn sie sich so geschickt viele Chancen erspielen und den Gegner so überrennen wie die Letten, dann sieht das eben gut aus.

Wir sind Spieler aus verschiedenen Ligen und Vereinen, da kann bei einer WM nicht sofort alles rund laufen.

Nico Sturm, deutscher Stürmer von den San José Sharks aus der NHL

Dass es die drei Spiele zuvor nicht so gut ausgesehen hatte, irritierte Nico Sturm nicht. Der Stürmer von den San José Sharks aus der NHL hatte gegen die USA und Schweden pausieren müssen, gegen die Letten war er wieder dabei. „Es ist ganz normal, dass wir eine Findungsphase brauchen, darüber sprechen müssen, was wir wie machen müssen und wer sich vielleicht in welcher Situation unsicher oder nicht so wohlfühlt“, sagte Sturm. „Wir sind Spieler aus verschiedenen Ligen und Vereinen, da kann bei einer WM nicht sofort alles rund laufen.“

Nach ihrem starken Auftritt gegen Lettland gab es selbstredend keine Wutrede vom Bundestrainer, dafür einen trainingsfreien Donnerstag für die Spieler. Regeneration war angesagt, noch ist nichts gewonnen. Der nächste Gegner kommt am Freitag und heißt Kasachstan (16.20 Uhr, live auf ProSieben und Magentasport). Gewinnen die Deutschen auch dieses Spiel, wären sie mit neun Punkten in der Vorrunde ihrem Minimalziel Viertelfinale ziemlich nahe.

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